Bayerns Vize-Ministerpräsident Aiwanger lehnt Rücktritt ab

Hubert Aiwanger

Bayerns Ministerpräsident Martin Söder hat Aiwanger einen Katalog mit 25 Fragen vorgelegt, um die Affäre um ein antisemitisches Pamphlet aufzuklären.

(Foto: dpa)

München Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger von den Freien Wählern lehnt einen Rücktritt wegen der sogenannten Flugblatt-Affäre ab. „Ich habe den Eindruck, ich soll politisch und persönlich fertiggemacht werden“, sagte Aiwanger am Donnerstag in München in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz, auf der keine Fragen zugelassen waren.

Aiwanger entschuldigte sich und sagte, er bereue zutiefst, wenn er durch sein Verhalten in Bezug auf das in Rede stehende Pamphlet oder weitere Vorwürfe gegen ihn aus der Jugendzeit Gefühle verletzt habe.

Die Opposition in Bayern will derweil in der Flugblatt-Affäre um Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger offene Frage im Landtag klären. Landtagspräsidentin Ilse Aigner werde auf Antrag von Grünen, SPD und FDP den sogenannten Zwischenausschuss einberufen, teilte der Landtag am Donnerstag mit.

Die Sitzung ist nach Angaben eines FDP-Sprechers für den 7. September angesetzt. „Hubert Aiwanger muss dem Landtag Rede und Antwort stehen“, sagte Martin Hagen, FDP-Fraktionsvorsitzender. Nur so könnten sich Parlament und Öffentlichkeit ein faires Urteil über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bilden.

„Bei einem stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten darf es nicht mal den Anschein geben, dass es für ihn Alternativen zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung gibt“, sagte Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag. „Stand heute ist Hubert Aiwanger für mich untragbar geworden.“

Bayerns Ministerpräsident Martin Söder hat Aiwanger einen Katalog mit 25 Fragen vorgelegt, um die Affäre um ein antisemitisches Pamphlet aufzuklären. Aiwanger solle diese Fragen „zeitnah“ beantworten, eine konkrete Frist wurde ihm nicht gesetzt.

Aiwanger hatte am Wochenende Vorwürfe dementiert, als 17-Jähriger ein antisemitisches Flugblatt an seiner damaligen Schule verfasst zu haben. Der Chef der Freien Wähler distanzierte sich von dem Inhalt, fügte aber hinzu, er könne sich nicht erinnern, ob er das Papier damals weiterverbreitet habe.

Am Mittwoch hatte es neue Vorwürfe gegen den bayerischen Vize-Ministerpräsidenten gegeben. Der hatte in einem Interview zudem gesagt, seit seinem Erwachsenenalter sei er „kein Antisemit, kein Extremist, sondern ein Menschenfreund.“ Diese Formulierung hatte neue Kritik ausgelöst.

Merz: Aiwanger muss Vorwürfe schnellstmöglich vollständig ausräumen

Der Unionsfraktionschef Friedrich Merz verlangt von Hubert Aiwanger eine schnelle und umfassende Aufklärung der Vorwürfe. „Seitdem diese Vorwürfe öffentlich geworden sind, muss ich sagen, bin ich einigermaßen sprachlos über das, was da publiziert worden ist, was da offensichtlich stattgefunden hat“, sagte der CDU-Vorsitzende am Donnerstag bei einer Klausurtagung der engsten Spitze der Unionsfraktion im Bundestag im sauerländischen Schmallenberg, seiner Heimatregion.

Er ergänzte: „Ich hoffe nur, dass Herr Aiwanger die Vorwürfe schnellstmöglich vollständig ausräumen kann, erklären kann.“ Merz sagte weiter: „Ich empfinde diese Sprache als vollkommen unangemessen. Ich empfinde das als verstörend, irritierend, dass so was überhaupt stattgefunden hat.“

Auf die Frage, ob Aiwanger als stellvertretender Ministerpräsident und Minister noch haltbar sei und wie er das Krisenmanagement von Aiwanger beurteile, sagte Merz: „Wie Herr Aiwanger damit umgeht, muss er entscheiden.“ Welche Schlussfolgerungen es daraus gebe für die bayerische Staatsregierung, müsse dort entschieden werden. Merz sagte: „Ich finde es im höchsten Maße verstörend, belastend und auch erschwerend für die gesamte politische Kultur in diesem Land.“

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach von einer höchst unschönen Situation und sagte: „Die bisherigen Erklärungen reichen auch schlichtweg nicht aus.“ Alwanger sei aktuell aufgefordert, weitere Erklärungen abzugeben.

„Es ist seine Aufgabe, hier gegenüber der Öffentlichkeit auch Stellung zu beziehen.“ Da zu einem fairen Verfahren aber gehört, dass Aiwanger die Möglichkeit habe, ausreichend Stellung zu nehmen, werde man diese Stellungnahme nun abwarten und sie dann entsprechend politisch bewerten.

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