Wolodimir Selenski wechselt Verteidigungsminister aus

Rustem Umerow

Vor einem Jahr wurde er zum Chef der staatlichen Vermögensverwaltung ernannt.

(Foto: via REUTERS)

Kiew Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat beim Parlament sein Rücktrittsgesuch eingereicht. Das gibt er auf der Plattform X, früher Twitter, bekannt. Präsident Wolodimir Selenski hatte am Sonntag entschieden Resnikow mit dem Leiter des wichtigsten Privatisierungsfonds der Ukraine, Rustem Umerow, zu ersetzen. Das Parlament muss der Personalie noch zustimmen. Der Schritt war seit Längerem erwartet worden.

Der Unternehmer und Investor Umerow, der krimtatarischer Abstammung ist, setzt sich seit Jahren für eine Befreiung der bereits 2014 von Russland völkerrechtswidrig annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim ein.

Als neuer Verteidigungsminister hätte er weniger auf den Verlauf der aktuellen Gegenoffensive Einfluss, die Verantwortung haben Selenski als Oberbefehlshaber der Streitkräfte und die Generäle. Umerow müsste sich vor allem um die Finanzierung der Armee und um deren Ausstattung mit Waffen und Munition sowie um die Versorgung kümmern.

Umerows Eltern waren wie viele Krimtataren unter Sowjetdiktator Josef Stalin von der Krim deportiert worden. Umerow war laut ukrainischen Medien Stipendiat eines US-Programms für künftige Führungskräfte (FLEX) und gilt als Experte für Finanzwirtschaft. Nach seiner Zeit als Abgeordneter im ukrainischen Parlament von 2019 bis 2022 wurde er vor einem Jahr zum Chef der staatlichen Vermögensverwaltung ernannt.

Der Politiker ist auch stellvertretender Vorsitzender der Krim-Plattform, eines jährlichen Forums, das sich der Wiedereingliederung der Halbinsel in die Ukraine widmet. Er setzt sich nicht zuletzt für den Austausch von politischen Häftlingen und Kriegsgefangenen auf der Krim ein, wie ukrainische Medien berichteten. Im August 2021 überreichte Selenski ihm einen Orden für Verdienste für das Vaterland.

Olexij Resnikow

Der ukrainische Präsident Selenski hat den Verteidigungsminister ausgewechselt.

(Foto: dpa)

Resnikow habe seit Beginn des russischen Angriffskriegs 550 Tage als Verteidigungsminister gedient, sagte Selenski am Sonntag. „Ich bin der Meinung, dass das Ministerium neue Herangehensweisen braucht und andere Formate der Zusammenarbeit mit den Soldaten und der Gesellschaft insgesamt“, sagte der Präsident. Resnikow war seit November 2021 Verteidigungsminister. Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als 18 Monaten gegen die russische Invasion.

Resnikows Absetzung wurde seit langem erwartet

Schon im vergangenen Winter war ein Rücktritt Resnikows im Gespräch gewesen. Der nach Skandalen in seiner Behörde in die Kritik geratene Politiker dachte aber nicht an einen freiwilligen Rücktritt. Er wolle erst zurücktreten, wenn ihn Selenski dazu auffordere, sagte Resnikow Anfang Februar. „Kein Beamter bleibt ewig im Amt“, fügte er hinzu.

Zu der Reihe von Skandalen und Affären im Verteidigungsministerium in der Ära Resnikow gehört unter anderem der Rücktritt seines Stellvertreters Wjatscheslaw Schapowalow. Er hatte im Winter im Zusammenhang mit dem Einkauf überteuerter Lebensmittel für Soldaten seinen Hut nehmen müssen. Zudem soll nach Medienberichten beim Bau von Kasernen Geld veruntreut worden sein. Resnikow wies die Vorwürfe stets zurück. Ziel sei es offenbar, das „Vertrauen in das Verteidigungsministerium zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt zu untergraben“, erklärte er damals. Die Ukraine gilt als eines der korruptesten Länder Europas.

Ukrainische Medien hatten mehrfach – und verstärkt in den vergangenen Tagen – darüber berichtet, dass eine Ablösung des 57-jährigen Resnikow unmittelbar bevorstehe. Der Minister hatte zuletzt immer wieder erklärt, dass er bereit sei, zu gehen, aber ein Ersatz für ihn gefunden werden müsse. Mit Selenski habe er über einen anderen Posten gesprochen. Vakant ist etwa die Stelle des Botschafters in London.

Resnikow: 100 Milliarden US-Dollar Militärhilfe

In seinem letzten Interview als Verteidigungsminister bezifferte Resnikow die bisher von den westlichen Verbündeten der Ukraine geleistete Militärhilfe auf rund 100 Milliarden US-Dollar (rund 93 Milliarden Euro), darunter fast 60 Milliarden US-Dollar von den USA.

Das sei Geld, das für Waffen, Militärgerät und Munition ausgegeben worden sei, sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur Ukrinform. Darüber hinaus erhält die Ukraine auch Milliardenhilfen des Westens, um etwa ihren Staatshaushalt zu finanzieren. Ferner bekräftigte Resnikow, dass die vom Westen versprochenen F-16-Kampfjets im Frühjahr im Frontgebiet einsatzbereit sein sollen.

Kampfjets vom Typ F-16

Zugesichert sind der Ukraine von Nato-Staaten bisher mehr als 50 Flugzeuge.

(Foto: dpa)

Die Niederlande, Dänemark und Norwegen hatten der Ukraine F-16-Lieferungen zugesichert. Resnikow sagte auch, er habe mehrere Briefe schreiben müssen mit der Zusicherung, diese Nato-Waffen nicht gegen russisches Staatsgebiet einzusetzen. Dagegen hatte Russland davor gewarnt, dass der Einsatz der westlichen Kampfflugzeuge zur weiteren Eskalation der Gewalt in dem Krieg beitragen werde.

Zugesichert sind dem Land bisher mehr als 50 Flugzeuge, gefordert hatte der ukrainische Präsident Selenski zuletzt sogar 160 F-16 insgesamt, mit denen das Land die Hoheit über ihren Luftraum wiedererlangen will. Mehrere Länder beteiligen sich an der Ausbildung der ukrainischen Piloten.

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