Waymo und Cruise dürfen Fahrgäste in San Francisco befördern

Waymo-Testfahrt in San Francisco

Waymo-Autos mussten bei kommerziellen Fahrten bisher einen Sicherheitsfahrer an Bord haben.

(Foto: JIM WILSON/The NewYorkTimes/Redux/laif)

San Francisco San Francisco wird zu einem einzigartigen Testfeld für Robotaxidienste. Die Firmen Waymo und Cruise haben die grundsätzliche Erlaubnis erhalten, zahlende Fahrgäste im gesamten Stadtgebiet rund um die Uhr auch ohne einen Sicherheitsfahrer zu befördern.

Die kalifornische Regulierungsbehörde CPUC setzte sich mit ihrer Entscheidung in der Nacht zum Freitag über den Widerstand der städtischen Verkehrsbetriebe und einiger Einwohner hinweg.

Bislang durften Robottaxis in der Stadt fahren, allerdings nicht allen Stadtteilen und ohne Sicherheitsfahrer in der Regel auch nur Nachts. Die Regulierungsbehörde macht nun den Weg für einen Betrieb rund um die Uhr frei.

Für Deutschland könnte die Entscheidung eine wichtige Symbolfunktion haben. San Francisco gilt als weltweit erste Metropole, die mehrere Robottaxidienste rund um die Uhr und im gesamten Stadtgebiet zulässt. Die teilweise engen Straßen in San Francisco mit viel Verkehr und vielen Passanten sind eher als andere, ländlicher geprägte Regionen der USA mit Deutschland vergleichbar.

Etwa in im Vorort von Phoenix in Arizona gibt es schon länger einen kommerziellen Robotaxidienst. Dort sind viele Straßen jedoch sehr bereit. Der Verkehr ist kaum mit Deutschland vergleichbar.

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Mit der erweiterten Erlaubnis kann nun nach Milliarden-Investitionen zum ersten Mal im großen Stil ausprobiert werden, wie gut ein Geschäftsmodell mit selbstfahrenden Autos funktioniert. Die Fahrzeuge sind teuer. Sie müssen daher möglichst permanent ausgelastet sein und Geld verdienen.

Waymo kündigte an, seinen kostenpflichtigen Dienst innerhalb der nächsten Wochen zu starten. „Die Genehmigung markiert den Start unseres kommerziellen Dienstes in San Francisco“, sagte Firmenchefin Tekedra Mawakana in einem Statement.

Das Handelsblatt hatte kürzlich zwei Wochen lang den Dienst von Waymo innerhalb von San Francisco testen können. Die Wagen bewegten sich weitgehend problemlos durch die Stadt. Es kam jedoch zu mehreren Situationen, in denen Verkehrsregeln gebrochen wurden – etwa beim Spurwechsel mitten auf einer Kreuzung oder beim Abbiegen an einer Vorfahrtsstraße.

In San Francisco bieten mehr als 10.000 Menschen die Fahrdienste an, räumte jüngst Cruise-Chef Kyle Vogt ein. „Diese Fahrer arbeiten aber natürlich nicht 20 Stunden täglich, wie es ein Robotaxi kann“, gab er zu bedenken. Vogt sieht Raum für mehrere tausend autonome Taxis in großen Städten.

Kritiker führen an, die fahrerlosen Autos blockierten manchmal nach Software-Fehlern die Straßen – und behinderten so den Verkehr und die Arbeiten von Rettungsdiensten. Im Internet machen Augenzeugen-Videos die Runde, in denen Autos von Cruise Kreuzungen verstopfen. Befürworter sehen einen Vorteil in der höheren Sicherheit, da sich Computer am Steuer im Gegensatz zu Menschen nicht ablenken lassen.

Selbstfahrende Autos seit Jahren getestet

Waymo ist eine Schwesterfirma von Google, Cruise gehört dem Autoriesen General Motors. Beide Unternehmen testen schon seit Jahren selbstfahrende Autos in San Francisco. Aktuell sind ihre Fahrzeuge zum Teil bereits ohne einen Menschen am Steuer unterwegs.

Nur Cruise durfte in diesem Fall aber Geld von Fahrgästen nehmen – und das lediglich nachts. Waymo durfte bislang noch kein Geld für Fahrten nehmen.

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Cruise sieht San Francisco als perfektes Testfeld zum Training von Roboterauto-Software. „Wenn wir selbstfahrende Autos in einer Stadt wie San Francisco mit ihrem Nebel, Hügeln und Verkehr fahren lassen können – werden sie so gut wie überall funktionieren“, betonte Vogt vor kurzem. Cruise expandiert gerade auch in andere US-Städte. Waymo stellte die Entwicklung selbstfahrender Lastwagen zurück, um sich auf Robotaxis zu konzentrieren.

Die Entscheidung der CPUC öffnet die Tür zur kommerziellen Nutzung neuartiger Robotaxis ohne Lenkrad und Pedale. Jetzt verwenden Cruise und Waymo zu selbstfahrenden Autos umgebaute Elektrofahrzeuge, sie bereiten aber Autos mit Platz nur für Fahrgäste vor. Auch die inzwischen zu Amazon gehörende Firma Zoox will solche Fahrzeuge auf die Straße bringen.

Die Kosten der Technologie sollen auch sinken. Cruise und GM entwickelten gerade eine technische Plattform für die kommenden Robotaxis, die 75 Prozent günstiger sein werde, sagte Vogt im Juli. Sie solle bis Ende kommenden Jahres eingeführt werden.

Dann werde bei den Kosten die „magische Schwelle“ von weniger als einem Dollar pro Meile in Sichtweite sein, ab der es für die meisten Menschen günstiger sei, mit einem Robotaxi zu fahren als ein Auto zu besitzen.

Die für Versorgungsdienste zuständige CPUC billigte die Ausweitung der Dienste nach einer mehrstündigen Anhörung mit einer Mehrheit von drei der vier anwesenden Kommissionsmitglieder. Zugleich wird für Herbst eine weitere Anhörung mit einer ersten Zwischenbilanz erwogen.

Die Euphorie rund um das autonome Fahren flaute in den vergangenen Jahren merklich ab. Es stellte sich heraus, dass die Technologie mehr Zeit und Geld braucht als von vielen auch innerhalb der Branche ursprünglich angenommen. Einige gaben zwischendurch auf.

So verkaufte der Fahrdienst-Vermittler Uber seine Roboterauto-Sparte. Apple lässt dagegen weiter seine Testwagen Runden im Silicon Valley drehen. In Deutschland will die zum Chip-Riesen Intel gehörende Firma Mobileye einen Robotaxi-Service aufbauen.

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