Verbraucher halten ihr Geld beisammen – Keine Erholung des privaten Konsums in Sicht

Einkaufsstraße in München

Der private Konsum ist das wichtigste Standbein der deutschen Konjunktur, der Anteil am Bruttoinlandsprodukte beträgt rund 50 Prozent.

(Foto: IMAGO/Wolfgang Maria Weber)

Düsseldorf Der private Konsum fällt vermutlich auch im zweiten Halbjahr als Treiber der deutschen Konjunktur aus. Das signalisiert das HDE-Konsumbarometer für September. Der Frühindikator für die Kauflust der deutschen Verbraucher hat nun seine ohnehin sehr träge Erholung gestoppt und notiert mit 94,65 Zählern exakt auf dem Vormonatsniveau.

Das Barometer wird monatlich vom Handelsblatt Research Research Institute (HRI) für den Handelsverband HDE berechnet; es basiert auf einer repräsentativen Befragung von rund 1600 Haushalten. Nach wie vor notiert das HDE-Barometer deutlich unter den Werten aus der Vor-Corona-Zeit.

Geringfügig besser als im Vormonat schätzen die Verbraucher gegenwärtig die weitere Entwicklung der Konjunktur ein, auch die Sorgen vor weiter steigenden Zinsen nahmen etwas ab. Gleichzeitig zogen jedoch die Inflationserwartungen wieder etwas an und die Sparneigung nahm wieder leicht zu. Unter dem Strich dürfte der private Konsum in den kommenden Monaten daher in etwa stagnieren.

Der private Konsum ist das wichtigste Standbein der deutschen Konjunktur, der Anteil am Bruttoinlandsprodukte beträgt rund 50 Prozent – entsprechend groß ist die Bedeutung für das Wirtschaftswachstum. Nachdem im Schlussquartal 2022 sowie im Auftaktquartal 2023 der private Konsum um 1,0 und 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal eingebrochen war, hatte sich der Verbrauch im zweiten Quartal nach Angaben des Statistischen Bundesamts stabilisiert. Gleichwohl konsumierten die Verbraucher im zurückliegenden Frühjahr real 1,2 Prozent weniger als im zweiten Quartal 2022.

Laut amtlicher Mitteilung machten sich „die nach wie vor hohen Preise weiterhin bemerkbar“. Im privaten Konsum hätten sich dies besonders die niedrigeren Ausgaben für Nahrungsmittel und Getränke sowie für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen niedergeschlagen. Positive Signale seien hingegen vom Bereich Verkehr, unter anderem aufgrund gestiegener Pkw-Käufe gekommen.

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Der Einzelhandel bekommt die Konsumzurückhaltung der Verbraucher deutlich zu spüren. Im Juli sank nach neuesten amtlichen Daten der Umsatz real um 0,8 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Gemessen am Vorjahresmonat war der Umsatz real sogar um 2,2 Prozent geringer. Der schwache Trend des ersten Halbjahrs setzte sich also fort.

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In den ersten sieben Monaten des Jahres sank der reale Umsatz der Einzelhändler damit um vier Prozent. Besonders heftig war der Einbruch mit 8,8 Prozent im „Facheinzelhandel mit Lebensmitteln“. Gegen den Trend wuchs dagegen der reale Umsatz mit „Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren“, der ein Plus von 7,8 Prozent verbuchen konnte.

Für das laufende dritte Quartal erwarten Volkswirte erneut gesamtwirtschaftliche Stagnation. Zunehmend Sorge bereitet der Arbeitsmarkt. „Die Sommerpause und die schwache Konjunktur hinterlassen ihre Spuren“, sagte Arbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles am Donnerstag bei der Vorstellung des neuen Monatsberichts ihres Hauses. Die Arbeitslosigkeit stieg im August – wie saisonal üblich – um 79.000 auf knapp 2,7 Millionen.

Supermarkt

Besonders heftig war der Einbruch mit 8,8 Prozent im „Facheinzelhandel mit Lebensmitteln“.

(Foto: DigitalVision/Getty Images)

Verglichen mit dem August des Vorjahres waren damit 148.000 mehr Personen arbeitslos gemeldet. Was oft übersehen wird: Gemessen an den Tiefstständen vor der Pandemie ist die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit bis heute um rund 400.000 Personen gestiegen. Von „Vollbeschäftigung“ und „Jobwunder“ spricht derzeit niemand mehr – und Besserung ist nicht in Sicht, wie Frühindikatoren signalisieren.

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Das IAB-Arbeitsmarktbarometer rutschte im August weiter ab und notiert nun mit 100,5 Punkten nur knapp über der neutralen Marke von 100 Punkten und damit auf dem tiefsten Stand seit November 2020. Auch das Ifo-Beschäftigungsbarometer fiel weiter, auf nunmehr 97,0 Zähler

Einen kleinen Lichtblick gibt es dennoch: Der Rückgang der Reallöhne ist vorerst gestoppt. Im zweiten Quartal stiegen die Reallöhne zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder an – freilich nur um 0,1 Prozent. Laut Statistischem Bundesamt waren die Nominallöhne um 6,6 Prozent höher als im Vorjahresquartal, während die Verbraucherpreise im selben Zeitraum lediglich um 6,5 Prozent zulegten. Maßgeblich für diesen Anstieg waren die kräftige Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro sowie die Anhebung der Minijob-Verdienstgrenze 520 Euro.

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