Verbände verklagen Finanzämter wegen Untätigkeit

Kölner Südstadt

Nordrhein-Westfalen wendet zur Berechnung der neuen Grundsteuer das Bundesmodell an, gegen das die Verbände verfassungsrechtliche Bedenken haben.

(Foto: dpa)

Frankfurt Die Finanzämter kollabieren unter der Flut an Einsprüchen, die gegen die neue Grundsteuer eingereicht werden. Das Handelsblatt berichtete darüber bereits im Mai. Die Folge dieser Überlastung: Es stehen zahlreiche Entscheidungen darüber aus, ob Einsprüche nun abgelehnt werden oder ihnen stattgegeben wird.

Das wirkt sich auch auf die Verbände Haus & Grund sowie den Bund der Steuerzahler aus, die eine Musterklage gegen das strittige Berechnungsmodell vor das Bundesverfassungsgericht bringen wollen. Nun erhöhen die Verbände den Druck und wollen die Finanzämter wegen Untätigkeit verklagen. Einen entsprechenden Bericht der „Bild“-Zeitung bestätigte Haus & Grund am Dienstag.

Ein Großteil der inzwischen über drei Millionen eingereichten Einsprüche wird mit Zweifeln an der Berechnungsmethodik begründet. Doch solange die Finanzämter die Einsprüche nicht ablehnen, können die Betroffenen nicht gegen die Grundsteuerberechnung klagen.

„Es ist ein Unding, dass die Bürgerinnen und Bürger im Unklaren gelassen werden und ihnen eine gerichtliche Klärung verwehrt wird“, erläutert Haus-&-Grund-Präsident Kai Warnecke.

Die Neuberechnung der Grundsteuer, die ab 2025 erhoben wird, war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht das alte Verfahren 2018 kippte. Daraufhin entwickelte das Bundesfinanzministerium das sogenannte Bundesmodell. Einige Länder konzipierten abweichende Ländermodelle. Während gegen die Modelle von Bayern und Baden-Württemberg bereits Musterklagen laufen, gibt es gegen das Bundesmodell erst wenige Einzelklagen. Die Verbände streben auch hier Musterklagen an.

Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuer soll geprüft werden

Sie stützen sich dabei auf ein Rechtsgutachten des Verfassungsrechtlers Professor Dr. Gregor Kirchhof. Dieses deckt mehrere Gründe auf, aus denen das Bundesmodell verfassungswidrig ist. Über die Rechtmäßigkeit kann letztlich aber nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Dieser Klageweg steht allerdings erst dann offen, wenn ein grundsteuerpflichtiger Eigentümer gegen seinen Grundsteuerwertbescheid Einspruch eingelegt hat und dieser vom Finanzamt zurückgewiesen wurde. Um diese Entscheidung zu erzwingen, gibt es das Mittel der Untätigkeitsklage. Dabei wird das Finanzamt verpflichtet, über den Einspruch zu entscheiden.

>> Lesen Sie hier: Rechtsgutachten hält neues Grundsteuer-Modell für verfassungswidrig

In zunächst vier Musterfällen werden beide Verbände gemeinsam eine Untätigkeitsklage gegen die jeweiligen Finanzämter unterstützen und dann die verfassungsrechtliche Überprüfung bis nach Karlsruhe auf den Weg bringen. Darunter sind Fälle aus den Ländern Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Berlin und Bremen, bei denen nach Ansicht der Verbände wegen extrem hoher Miet- und Bodenwerte begründete Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des zugrunde liegenden Bundesmodells bestehen.

Das Bundesmodell wird in insgesamt elf Bundesländern angewandt. „Eine Untätigkeitsklage ist aktuell der einzige Weg, um eine gerichtliche Klärung zu den Musterklagen schnellstmöglich herbeizuführen – es muss Rechtssicherheit geschaffen werden. Dass wir diesen Weg gehen müssen, ist juristisch und politisch bitter“, betont BdSt-Präsident Reiner Holznagel.

Mehr: Grundsteuerwertbescheid prüfen – Wann sich der Einspruch lohnt

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