Trump wegen Einmischung in die Wahlen 2020 angeklagt

New York Es ist ein schwerwiegender Vorwurf: Der frühere US-Präsident Donald Trump und 18 Verbündete sind in der Nacht zu Dienstag in Georgia angeklagt worden. Sie sollen versucht haben, so der Vorwurf, Trumps Niederlage bei der Präsidentschaftswahl 2020 in diesem Bundesstaat zu kippen.

Es ist das vierte Strafverfahren gegen Trump und das zweite, in dem ihm Ermittler vorwerfen, er habe versucht, das Wahlergebnis zu verfälschen und so auf illegalem Weg an der Macht zu bleiben. Beobachtern zufolge könnte das Verfahren in Georgia Trump besonders gefährlich werden – aufgrund zahlreicher gut dokumentierter persönlicher Interventionen Trumps.

Die Anklageerhebung der Geschworenen-Jury des Fulton County folgt auf eine zweijährige Untersuchung. Diese war durch einen Telefonanruf im Januar 2021 ausgelöst worden. Dabei hatte der damalige Präsident den Wahlbeauftragten von Georgia aufgerufen, ihm dabei zu helfen, „11.780 Stimmen zu finden“. Diese benötigte Trump, um seine knappe Niederlage gegen den Demokraten Joe Biden in dem Bundesstaat abzuwenden.

Am Montag hatte die Grand Jury ihre Beratungen vorerst abgeschlossen. Sie entschied nach Vorlage von Beweismitteln durch die Staatsanwaltschaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ob Anklage erhoben wird. Entsprechende Papiere wurden einem Richter im Gerichtsgebäude in Atlanta am späten Montagabend (Ortszeit) überreicht, wie im US-Fernsehen zu sehen war.

Die Anklageschrift lag mehreren US-Medien vor. Neben Trump sind 18 weitere Personen angeklagt – darunter sein ehemaliger Anwalt Rudy Giuliani und Mark Meadows, sein früherer Stabschef im Weißen Haus.

Viertes Strafverfahren gegen Trump

Dass ein Ex-Präsident wegen einer Straftat vor Gericht kommt, hat es in der US-Geschichte noch nicht gegeben. Trump, der bei der Präsidentenwahl 2024 erneut antreten will, weist alle Vorwürfe zurück und bezeichnet die Ermittlungen gegen ihn als Versuch seiner Gegner, ihn an einem Wiedereinzug ins Weiße Haus zu hindern. Für Trump stellt der Entscheid in Georgia bereits die vierte Anklage in einem Strafverfahren dar:

  • Im August hatte der Sonderermittler des Bundesjustizministeriums, Jack Smith, in Washington Anklage gegen Trump erhoben. Auch dabei geht es um seine Bemühungen, nach seiner Wahlniederlage 2020 im Amt zu bleiben. Besonders intensiv beschäftigen sich die Ermittler mit Trumps Rolle beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021, bei dem Trumps Anhänger versucht hatten, die formale Bestätigung des Präsidentschaftswahlergebnisses zu verhindern. Trump wird unter anderem Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten zur Last gelegt.
  • Im Juni hatte derselbe Bundesermittler in Miami eine Anklage erhoben zur Mitnahme von Verschlusssachen durch Trump nach seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus. Trump hatte als geheim eingestufte Regierungsdokumente unter anderem in einem Badezimmer in seinem Golfclub „Mar-a-Lago“ in Florida aufbewahrt.
  • Bereits im März hatte der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan Anklage gegen Trump eingereicht. Hier geht es um Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar im Präsidentschaftswahlkampf 2016, um einen potenziellen Sexskandal zu vertuschen.

Trump hatte die Präsidentenwahl 2020 gegen den Demokraten Joe Biden verloren. Er weigert sich aber bis heute, seine Niederlage einzugestehen. Der 77-Jährige behauptet stattdessen unbeirrt, er sei durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden. Weder Trump noch seine Anwälte haben Beweise für diese Behauptungen vorgelegt. Dutzende Klagen des Trump-Lagers wurden nach der Wahl von Gerichten abgeschmettert, auch vom obersten US-Gericht.

98 Seiten Anklageschrift gegen Trump

Georgia zählte zu den Bundesstaaten, die für den Wahlausgang 2020 eine Schlüsselrolle spielten. Biden gewann in dem Bundesstaat damals nur ganz knapp mit etwa 12.000 Stimmen Vorsprung.

Die 98-seitige Anklageschrift in Georgia listet diverse Anklagepunkte auf – darunter ist ein Tatbestand, der üblicherweise bei Fällen organisierter Kriminalität zum Einsatz kommt. Laut der Anklageschrift haben sich Trump und andere an einer „Verschwörung zur unrechtmäßigen Veränderung des Wahlergebnisses“ beteiligt.

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Viele der Bemühungen von Trump und seinem Team, die Auszählung in Georgia zu beeinflussen, ähnelten jenen in anderen umkämpften Staaten. In Georgia sind Trumps Schachzüge jedoch besonders gut dokumentiert, unter anderem durch einen Mitschnitt des Telefonats im Januar 2021, der später an die Öffentlichkeit gelangte.

Am anderen Ende der Leitung war der Staatsminister Georgias, Brad Raffensperger, wie Trump Mitglied der republikanischen Partei. Doch der widersetzte sich dem Begehren des damaligen US-Präsidenten, die fehlenden Stimmen zu finden um das Ergebnis „nachzuberechnen“ und zu drehen. Auch weitere Klagen von Trumps Anwälten über einen angeblichen Wahlbetrug wurden in dem konservativen Bundestaat aufgrund mangelnder Faktenbasis abgeschmettert.

Reaktion Trumps erwartet

Trump äußerte sich am Montagabend (Ortszeit) nicht zu der Anklage. Der Trump-Verbündete Kash Patel, zuletzt Staabschef im Verteidigungsministerium unter Trump, erklärte auf Fox News, die Anklage sei voller Lügen und entspreche der Umwandlung der US-Justiz in eine Waffe gegen Trump. US-Senator Ted Cruz erklärte die Anklage für „eine Schande“, noch nie sei ein Ex-Präsident angeklagt worden.

Derlei Vorwürfe werden aus dem Trump-Lager regelmäßig vorgebracht, wenn es um Ermittlungen gegen den Ex-Präsidenten geht. Zielscheibe der Kritik ist auch die Bezirksstaatsanwältin des Fulton County, Fani Willis. Trump-Verbündete werfen der Demokratin ein parteiisches Verfahren vor. Trump hatte sie in der Vergangenheit bereits aufgrund öffentlicher Aussagen scharf angegriffen.

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Das Wahlkampfteam von Trump hatte bereits zuvor gegen eine weitere Anklage gewettert. Kurz vor der erwarteten Entscheidung beklagte es sich in einer schriftlichen Stellungnahme über den „jüngsten koordinierten Angriff“ einer voreingenommenen Staatsanwältin. Der Zeitpunkt des Vorgehens zeige das politische Motiv dahinter.

„Sie hätten dies schon vor zweieinhalb Jahren tun können, haben sich aber aus Gründen der Wahlbeeinflussung dafür entschieden, dies mitten in Präsident Trumps erfolgreichem Wahlkampf zu tun“, hieß es weiter. Trump werde aber „niemals aufgeben und niemals aufhören zu kämpfen“.

Langjährige Ermittlungen

Staatsanwältin Willis hatte die Ermittlungen 2021 eingeleitet. Im Mai 2022 wurde zunächst ein Sonder-Gremium mit Geschworenen eingesetzt, das über mehrere Monate Dutzende Zeugen anhörte. Das Gremium schloss im Januar seine Arbeit ab und legte einen Bericht vor, der allerdings weitgehend unter Verschluss blieb.

Mehrere Personen waren geladen gewesen. Die als Zeugin vorgeladene demokratische frühere Senatorin in Georgia Jen Jordan sagte beim Verlassen des Gerichtsgebäudes im Bezirk Fulton, sie sei etwa 40 Minuten lang befragt worden. Die frühere demokratische Abgeordnete des Repräsentantenhauses von Montana Bee Nguyen bestätigte ebenfalls, dass sie ausgesagt habe. Medienberichten zufolge traf auch Gabriel Sterling, ein ranghoher Mitarbeiter des Büros des Secretary of State, bei Gericht ein.

Im Anschluss beschäftigte sich eine reguläre sogenannte Grand Jury mit dem Fall, die nun über die Anklage gegen Trump entschied. Auch mit einem Sieg in Georgia hätte Trump die Präsidentenwahl 2020 nicht gewonnen.

Im Gegensatz zu den Bundesermittlungen gegen Trump durch Sonderstaatsanwalt Jack Smith, wären die Ermittlungen in Georgia auch nach einer möglichen Wiederwahl Trumps zum Präsidenten 2024 abgeschirmt.

Mit Agenturmaterial.

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