Tesla Model S und X werden günstiger – Elon Musk setzt auf Software

New York, Düsseldorf Tesla führt zwei neue Varianten seiner Oberklassemodelle Model S und Model X ein. Die Versionen nennen sich „Standard Range“ und haben eine im Vergleich zu vorherigen Modellen bis zu 23 Prozent geringere Reichweite. Die Ausstattung bleibt ansonsten gleich.

Dafür kosten die neuen Modelle 10.000 Dollar weniger – eine Ersparnis von bis zu elf Prozent. Vorerst sind sie nur in Nordamerika erhältlich. Wann die neuen Einstiegsmodelle in Europa und Deutschland auf den Markt kommen könnten, verriet Tesla nicht.

In den USA und Europa werde es zu „ähnlichen Preisnachlässen“ kommen, meint Analyst Chris McNally von Evercore ISI. Der Analyst und sein Team erwarten, dass die Preissenkungen in China, Europa und den USA Teslas Gewinnmarge im dritten Quartal um einen Prozentpunkt drücken könnten.

„Es ergibt Sinn, Gewinnmargen zu opfern“

Dabei gibt es regional unterschiedliche Gründe dafür, die Preise zu senken. Die Zinserhöhungen in den USA hätten zuletzt nicht nur die Lebenshaltungskosten, sondern auch Autokredite teurer gemacht, erklärte Tesla-Chef Elon Musk. Darauf reagiere das Unternehmen nun. In China muss Tesla sich gegen die einheimischen Konkurrenten durchsetzen. Marken wie Zeekr oder Zhejiang Leapmotor hatten die Preise zuletzt gesenkt. Mit Folgen für die Amerikaner: Im Juli war die Zahl der ausgelieferten Teslas in China um 31 Prozent auf rund 64.000 Fahrzeuge eingebrochen. Damit war der Absatz so schwach wie noch in keinem anderen Monat im Jahr 2023. Schon bald soll das Model 3 in China eingeführt werden, auch hier erwarten Analysten Preissenkungen.

Bei allen taktischen Gründen: Hinter den Preissenkungen steckt eine Gesamtstrategie von Musk, die er erst vor wenigen Monaten verkündet hatte und vor wenigen Wochen vor Analysten bekräftigte: „Es ergibt Sinn, Gewinnspannen zu opfern, um mehr Fahrzeuge herzustellen“, sagte der Tesla-Chef. Denn auch wenn die Autos aktuell günstig verkauft werden, könnten sie für Tesla noch zu einem sehr lukrativen Geschäft werden.

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Während der Anschaffungspreis sinkt, will Musk die Tesla-Käufer später zum Kauf teurer Softwarepakete bewegen, mit denen sich die Fahrzeuge updaten lassen. Tesla arbeitet nach Angaben von Musk an autonomen Fahrsystemen, die aktuell bereits bis zu 15.000 Euro extra kosten, um sie in vollem Umfang zu nutzen. Geld will Tesla mit diesen nachträglichen Updates verdienen.

FSD soll auch in Deutschland eingeführt werden

Ganz neu sind diese Ankündigungen allerdings nicht: Musk verspricht den zeitnahen Start vollständig autonomer Fahrzeuge, nur um sein Versprechen immer wieder zu brechen. Seinen aktuellen Optimismus zieht der Tesla-Chef aus den Fortschritten bei der Künstlichen Intelligenz (KI). Anders als die Konkurrenz verzichtet Tesla auf Sensoren wie Radar oder Lidar und verlässt sich stattdessen vollständig auf Kamerabilder. Diese werden von neuronalen Netzen ausgewertet, um das Fahrzeug zu steuern.

Der Autopilot von Tesla entspricht am ehesten einem Level-2-System, also einem System, das den Fahrer eigentlich nur bei der Fahrt unterstützt. Trotzdem vermarktet Tesla die Topversion des Autopiloten als „Full Self-Driving Beta“ (FSD Beta). Der Aufsicht ist das ein Dorn im Auge: Im August 2021 hatte die US-Straßenverkehrsbehörde NHTSA nach rund einem Dutzend Unfällen eine Untersuchung des Autopiloten in 765.000 Tesla-Fahrzeugen eingeleitet.

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Tesla arbeitet laut Medienberichten derzeit daran, sein FSD-Beta-System erstmals auch außerhalb Nordamerikas anzubieten, darunter in ausgewählten Ländern wie Australien, Deutschland und Belgien. Das entsprechende Software-Update wird demnach aber zunächst nur für interne Testzwecke ausgerollt. Noch fehlt die behördliche Zulassung für die Nutzung durch Endkunden außerhalb Nordamerikas. Das Autopilot-System sei in der Vergangenheit auf große regulatorische Hürden in Europa und China gestoßen, mahnen die Analysten der Deutschen Bank, „sodass es einige Zeit dauern könnte, bis eine breitere Einführung von FSD stattfinden kann“.

Die Angst der Aktionäre vor einer Normalität

Aus Aktionärssicht kann Tesla neue Impulse gebrauchen. Zwar hat der Konzern zuletzt so viel verdient wie nie zuvor und einen Rekordgewinn eingefahren. Allerdings hat Tesla auch sein Wachstumsziel von 50 Prozent verfehlt.

An der Wall Street geht die Sorge um, dass Tesla nach Jahren des rasanten Wachstums an eine Obergrenze stoßen könnte. Die jüngsten Preissenkungen hatten Spekulationen genährt, dass die Nachfrage nach Tesla-Modellen langsam sinkt und der Konzern zu einem Autohersteller unter vielen werden könnte.

Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg

Weltweit baut der Elektroautohersteller derzeit seine Werke aus.

(Foto: dpa)

Denn die aktuelle Modellgeneration ist in die Jahre gekommen, Hoffnungsträger wie der Pick-up Cybertruck lassen seit Jahren auf sich warten. Erst 2024 soll er im größeren Umfang ausgeliefert werden, wie Musk zuletzt erklärte. Die Konkurrenz rüstet dagegen auf: Etablierte Autohersteller wie Ford oder GM konnten mit den vollelektrischen Varianten ihrer Pick-up-Trucks zuletzt Auslieferungsrekorde in den USA feiern.

Tappt Tesla in die alte Falle der Autobranche?

An der Börse hatte Tesla im vergangenen Jahr zwischenzeitlich rund 675 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung eingebüßt. Der Kurs war um 65 Prozent eingebrochen – ein Negativrekord. Seit dem Jahreswechsel hat sich die Aktie wieder deutlich erholt und war zuletzt auf knapp 239 Dollar gestiegen. Doch Ende 2021 hatte sie noch bei über 400 Dollar gelegen.

Für Tesla gilt weiter das von Musk ausgegebene Ziel, 2030 mehr als 20 Millionen Fahrzeuge zu produzieren. Ein gigantisches Unterfangen, das laut Tesla bis zu 150 Milliarden Dollar kosten kann. Überall in der Welt plant das Unternehmen neue Werke. Ein preiswertes Massenmodell soll ebenfalls auf den Markt kommen.

Für andere US-Hersteller ging die Strategie, um jeden Preis Marktanteile zu gewinnen, allerdings schon schlecht aus. Die sogenannte „Hochzeit im Himmel“ von Daimler und Chrysler, mit der beide Marken zur „Welt-AG“ aufsteigen wollten, scheiterte im Jahr 2007. General Motors musste sich 2009 im Rennen mit VW und Toyota um die Absatzkrone geschlagen geben – und Insolvenz anmelden.

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