Spekulationen über Umbau – Teilverkauf der Industriesparte?

Continental

Um einen möglichen Konzernumbau des Autozulieferers gibt es immer wieder Spekulationen.

(Foto: dpa)

Hannover Spekulationen über einen möglichen Konzernumbau haben am Montag die Aktie des Autozulieferers Continental steigen lassen. Wie das „Manager Magazin“ unter Verweis auf nicht näher genannte Unternehmenskreise berichtete, erwägt das Dax-Unternehmen einen Verkauf des Autozuliefergeschäft innerhalb seiner Industriesparte Contitech. Dabei handelt es sich um einen Bereich, in dem vor allem Dichtungen und Schläuche für die Autobranche gefertigt werden.

Die Continental-Aktie stieg daraufhin um bis zu 7,5 Prozent und lag am Montagnachmittag knapp fünf Prozent im Plus bei 69 Euro.

Der Konzern verwies auf Anfrage auf die Unternehmensstrategie, die man beim letzten Kapitalmarkttag Ende 2020 verkündet hatte. „Grundsätzlich ist es die Aufgabe des Vorstands, sich mit dem Portfoliomanagement zu befassen. Das tut er konsequent. Dabei geht es – wie in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang bereits erläutert – um eine Fokussierung unserer Geschäftsaktivitäten.“

Die nun im Raum stehenden Umbaupläne werden nach Handelsblatt-Informationen im Aufsichtsrat noch nicht konkret diskutiert. Der Dax-Konzern besteht aus den drei Geschäftsfeldern Automotive, Reifen und Contitech. Zuletzt gab es immer wieder Spekulationen, dass Continental das Geschäft mit dem automatisierten Fahren abspalten, Teile des Industriegeschäfts veräußern oder sich gar komplett in drei Bereiche aufspalten könnte.

Klar ist, dass Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle ein Interesse an möglichen Abspaltungen und Umbauten hat. Das Handelsblatt hatte bereits mehrfach über entsprechende Pläne des Chefkontrolleurs berichtet. Zur Debatte stand demnach auch ein Börsengang der Geschäftseinheit, die sich mit Entwicklungen des automatisierten Fahrens befasst.

Wolfgang Reitzle

Das Mandat des Aufsichtsratschefs endet mit der Hauptversammlung im kommenden Jahr.

(Foto: Linde AG)

Alle kursierenden Umbaupläne eint dabei ein Ziel: den Unternehmenswert des Dax-Konzerns zu erhöhen. Dieser darbt seit Jahren. Bei einem Umsatz von mehr als 40 Milliarden Euro wird Continental an der Börse lediglich mit rund 13 Milliarden Euro bewertet. Das Aufsichtsratsmandat Reitzles endet mit der Hauptversammlung im kommenden Jahr. Bis dahin, so hieß es zuletzt regelmäßig aus Finanzkreisen, wolle Reitzle die Marktkapitalisierung noch steigern.

Verkaufsspekulationen auch bei Autosparte

So betreffen die Umbauspekulationen nach Handelsblatt-Informationen auch die Autosparte, die seit Mai 2023 der Automotive-Vorstand Philipp von Hirschheydt leitet. Laut einem Topmanager des Konzerns gibt es innerhalb der Sparte mehr als 50 kleinere Geschäftseinheiten. „Das sind eindeutig zu viele Bereiche“, sagt die Führungskraft. Aus Finanzkreisen heißt es, dass Teile des Bremsen- und Innenraumausstattungsgeschäfts auf der Verkaufsliste landen könnten.

Im Aufsichtsrat lösen die immer wieder von Neuem kursierenden Berichte bereits Ermüdungserscheinungen aus. „Das sind die Spekulationen, die mit Blick auf die endende Zeit des Aufsichtsratsvorsitzenden zuletzt immer häufiger aufkommen“, sagt ein Insider. „Da versucht sich gerade einer ein Denkmal aufzubauen.“

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Reitzle ist seit der gescheiterten Komplettübernahme durch Schaeffler 2009 Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens. Er hat zusammen mit Elmar Degenhart, Vorgänger des aktuellen Vorstandschefs Nikolai Setzer, die damalige Schuldenlast des Zulieferers abbauen können. Das Unternehmen schrieb jahrelang hohe Gewinne.

Doch mit Beginn des Sparprogramms 2019, das Reitzle teilweise mittels Doppelstimme am Widerstand der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat vorbei durchboxte, und den Ermittlungen rund um eine mögliche Verwicklung in den VW-Dieselskandal ab 2020 begann der Niedergang des Konzerns an der Börse.

Wolfgang Reitzle unter Druck

Dabei geriet auch Reitzle selbst in die Defensive, weil seine Rolle bei der Aufarbeitung des Dieselskandals Fragen aufwarf. Aktionärsschützer forderten sogar bereits eine Ablösung des Chefkontrolleurs. „Wir sind der Auffassung, dass es eine Erneuerung an der Spitze des Aufsichtsrats von Continental braucht“, sagte Cornelia Zimmermann von der Deka dem Handelsblatt im Oktober vergangenen Jahres.

Ein Problem von Continental ist die Unwucht beim Ergebnisbeitrag. So liefert die Reifensparte seit Jahren zweistellige Gewinnmargen, während das als Zukunftsgeschäft proklamierte Autosegment trotz hoher Investitionen weiterhin Verluste schreibt. Zuletzt musste Conti per Pflichtmitteilung in der Autosparte erneut rote Zahlen im zweiten Quartal vermelden.

Bei den Verantwortlichen des Reifengeschäfts und den Mitarbeitern wächst daher mit jeder Quartalsbilanz, in der das Autogeschäft schwache Ergebnisse liefert, die Ungeduld. „Die Reifensparte finanziert nun seit Jahren zu einem erheblichen Teil die Restrukturierung des Automotive-Geschäfts“, sagte ein Konzernkenner dem Handelsblatt bereits im Vorjahr. In der Reifensparte gebe es daher Sympathien für Reitzles diverse Umbaupläne.

Einigkeit darüber herrscht allerdings keineswegs. Aus Kreisen des Aufsichtsrats wird das Bekanntwerden der aktuellsten Umbaufantasien kritisiert. „Das bringt nur zusätzlich Unruhe in die Mannschaft, weil einmal mehr die Abteilungen gegeneinander aufgebracht werden“, sagt ein Konzernkenner.

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