SPD-Politiker fordern Quote für klimafreundliche Gase im Erdgasnetz

Gasleitung in Wilhelmshaven

Durch das deutsche Erdgasnetz könnten in Zukunft auch andere Gase fließen.

(Foto: dpa)

Berlin Quoten für wasserstoffbasierte und andere klimafreundliche Gase im bestehenden Erdgasnetz sollen nach dem Willen der SPD-Fraktion im Bundestag den Klimaschutz voranbringen. Ein entsprechendes Konzept von SPD-Energiepolitikern könnte das Wachstum der Wasserstoffwirtschaft beschleunigen. Es liegt dem Handelsblatt vor.

Unternehmen, die Erdgas an Endkunden liefern, sollen demnach verpflichtet werden, einen jährlich steigenden Anteil sogenannter „erneuerbarer Gase“ zu liefern. Diese würden das Erdgas dann schrittweise aus den Gasnetzen verdrängen.

Diese Gase, auch „Grüngase“ genannt, sind gasförmige Energieträger, die aus erneuerbaren Quellen stammen. Dazu zählen aus Biomasse hergestellte Biogase, aber auch grüner Wasserstoff oder synthetisches Methan, das auf Basis von grünem Wasserstoff hergestellt wird.

Andreas Rimkus, Wasserstoffbeauftragter der SPD-Bundestagsfraktion, erhofft sich durch die Quoten einen Schub für klimafreundliche Gase. „Wir schaffen einen effektiven Anreiz, in die Produktion erneuerbarer Gase zu investieren. Damit bringen wir den Wasserstoff-Hochlauf voran und geben der Transformation der Erdgasinfrastruktur einen verlässlichen Rahmen“, sagte Rimkus dem Handelsblatt.

Nebenbei würde sich nach Überzeugung der Initiatoren auch die Debatte über die Zukunft des deutschen Erdgasnetzes erübrigen. „Das deutsche Erdgasnetz ist ein Asset, das wir nutzen sollten, statt seine Existenz infrage zu stellen. Es lässt sich einsetzen, um den Hochlauf grüner Gase effizient voranzubringen“, sagte Rimkus.

Was passiert mit dem deutschen Erdgasnetz?

Seit Monaten wird über die Zukunft des Erdgasnetzes gestritten. Wirbel hatte die Aussage des zwischenzeitlich entlassenen Wirtschaftsstaatssekretärs Patrick Graichen ausgelöst, der den Betreibern der Gasnetze im Mai vergangenen Jahres geraten hatte, schon mal mit den Planungen für den „Rückbau“ ihrer Netze zu beginnen, denn 2045 werde „natürlich kein Gas mehr in den Netzen sein“.

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Dass Erdgas aus Klimaschutzgründen 2045 nicht mehr durchs Land strömen wird, stellen die Netzbetreiber nicht infrage. Allerdings sehen sie für einen erheblichen Teil der Netze durch erneuerbare Gase sehr wohl eine Zukunft. Denn Gas dürfte auch künftig überall dort unverzichtbar sein, wo Strom aus erneuerbaren Quellen keine Lösung auf dem Weg zur Dekarbonisierung sein kann. Das gilt beispielsweise für eine Reihe industrieller Prozesse.

Mit den nun vorgeschlagenen Quoten würde der Fortbestand der Netze quasi nebenbei gesichert. „Der Weg, den wir skizzieren, reduziert ordnungsrechtliche Eingriffe auf ein Minimum. Zugleich schafft er Planungs- und Investitionssicherheit“, sagte Bengt Bergt, stellvertretender energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Er hat das Konzept gemeinsam mit Rimkus erarbeitet.

Ihrem Vorschlag nach könnten die Gaslieferanten verpflichtet werden, ab 2025 einen Anteil von 0,67 Prozent an grünen Gasen beizumischen. Bis 2030 würde dieser Wert auf gut 7,5 Prozent ansteigen, bis dann 2045 kein fossiles Erdgas mehr im Netz wäre.

Der Quotenvorschlag ist nicht ohne Vorbild. Im Bereich der Kraftstoffe gibt es bereits die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote). Sie verpflichtet Mineralölunternehmen, alternative, klimaschonende Kraftstoffe wie Biodiesel oder Bioethanol beizumischen. Die THG-Quote steigt von Jahr zu Jahr.

„Die THG-Quote im Bereich der Kraftstoffe zeigt die Vorzüge der Quotenregelung. Sie wirkt schnell und effizient. Daran wollen wir uns orientieren“, sagte Rimkus. Bergt ist überzeugt, dass die Umsetzung des Konzepts „einen wesentlichen Beitrag zur Transformation des Industriestandorts Deutschland leisten“ kann.

LNG-Importe begrenzen

Zusätzlich erhoffen sich die Initiatoren, den Import von verflüssigtem Erdgas (LNG) auf das absolut erforderliche Minimum reduzieren zu können. Mit der ansteigenden Quote für klimafreundliche Gase werde das Risiko gedämpft, die LNG-Importterminals „über Jahrzehnte nur mit LNG zu blockieren“, sagte Bergt. Denn über die LNG-Terminals an den deutschen Küsten könnten durch die Quoten vermehrt auch grüne Gase importiert werden.

LNG-Terminal in Wilhelmshaven

Über die LNG-Anlandestellen könnten auch klimafreundlichere Gase importiert werden.

(Foto: dpa)

„LNG ist zwar übergangsweise unverzichtbar, deshalb ist auch der Aufbau der entsprechenden Importinfrastruktur unerlässlich“, so Bergt. Aber eine klare Abkehr von fossiler Energie sei nur mit langfristigen Verträgen möglich. Diese gäben den Akteuren die nötige Sicherheit für Investitionsentscheidungen in die deutsche Versorgung.

Erste Rückmeldungen aus der Energiebranche sind nach Aussage von Bergt und Rimkus positiv. Gespräche des Handelsblatts mit Branchenexperten bestätigen diesen Eindruck.

Eine Quotenregelung habe viele Vorteile, sie könne die zahlreichen Förderprogramme, die die Bundesregierung für den Aufbau einer Wasserstoff-Wertschöpfungskette aufgelegt habe, sinnvoll ergänzen und funktioniere ohne neue Mittel vom Staat. Das schaffe Verlässlichkeit für den Fall, dass die Förderinstrumente sich im Laufe der Jahre als nicht mehr finanzierbar erwiesen, sagte ein Branchenmanager. 

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