Recyclingfabrik in Magdeburg soll 30.000 Tonnen Batterien wiederverwerten

Li-Cycle

Das kanadische Recyclingunternehmen konnte bereits namhafte Investoren überzeugen.

(Foto: Reuters)

Zürich Das kanadische Unternehmen Li-Cycle nimmt eine der größten Recyclinganlagen für Lithium-Ionen-Akkus in Europa in Betrieb. In der Fabrik in Sülzetal bei Magdeburg sollen in einer ersten Ausbaustufe 10.000 Tonnen Altbatterien verarbeitet werden, wie das Unternehmen am Dienstag dem Handelsblatt mitteilte. Bis Ende des Jahres will Li-Cycle die Kapazität verdoppeln, ab 2024 sollen bis zu 30.000 Tonnen verarbeitet werden können.

Das kanadische Unternehmen, bei dem unter anderem der Schweizer Rohstoffriese Glencore und der Batteriezellenhersteller LG investiert haben, ist damit deutlich früher dran, als viele namhafte Konkurrenten. Eine Fabrik mit einer Kapazität von 10.000 Tonnen Batterieschrott pro Jahr hat in Deutschland bislang nur das von Mercedes-Benz unterstützte Unternehmen Primobius im nordrhein-westfälischen Hilchenbach in Betrieb genommen. BASF plant 2024 die Eröffnung eines Recyclingwerks im brandenburgischen Schwarzheide.

Für Li-Cycle ist es zugleich der Markteintritt in Europa. Eine vergleichbare Anlage betreibt Li-Cycle bislang in Kingston im kanadischen Bundesstaat Ontario. Tim Johnston, Co-Gründer von Li-Cycle, sagte dem Handelsblatt: „Deutschland ist eines der Epizentren in Europa für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien und den Automobilsektor im Allgemeinen. Das hat uns dazu bewogen, den Aufbau unseres Werks in Magdeburg zu beschleunigen und zu erweitern.“

Entscheidender Wettbewerbsvorteil

In der Anlage werden entladene Lithium-Akkus aus Handys, Laptops und anderen Kleingeräten aber auch aus Elektroautos zunächst geschreddert und in eine wässrige Lösung gegeben. So werden die Kunststoffteile vom Metallanteil der Batterien getrennt. Das Produkt dieses Prozesses wird als „Schwarze Masse“ bezeichnet, ein schwarzes Pulver, das die begehrten Metalle wie Lithium, Kobalt und Nickel enthält.

Aktuell verkauft Li-Cycle die Schwarze Masse noch an Raffinerien zur Weiterverarbeitung. Die in der Branche üblichen Methoden zur Aufbereitung von Schwarzer Masse haben jedoch einen entscheidenden Nachteil. Sie wenden ein Schmelzverfahren an, bei dem der Lithium-Anteil zu einer kaum brauchbaren Schlacke verbrannt wird.

Spitzenpolitiker im Li-Cycle-Werk in Ontario

Li-Cycle-CEO Ajay Kochnar (links) und Aufsichtsratschef Tim Johnston (rechts) geben Kanadas Premier Justin Trudeau und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Werksführung.

(Foto: Reuters)

Daher hat Li-Cycle nach eigenen Angaben ein sogenanntes hydrometallurgisches Verfahren entwickelt, bei dem unter Einsatz von Säure die verschiedenen Batteriemetalle voneinander getrennt werden können. Co-Gründer Johnston erläutert, das Verfahren komme ohne große Hitze aus. Das spare Energie. „Und es hat den zusätzlichen Vorteil, dass wir neben Kupfer, Nickel und Kobalt auch Lithium aus der Schwarzen Masse gewinnen können.“

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Damit habe Li-Cyle einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Denn: „Heute besteht ungefähr die Hälfte des Wertes einer alten Batterie aus dem Lithiumanteil. Die erste Fabrik, in der Li-Cycle Schwarze Masse weiter aufbereiten wird, soll Ende 2023 in Rochester im US-Bundesstaat New York eröffnet werden. Dort werden Batteriemetalle in einer Qualität gewonnen, dass sie für die Herstellung neuer Zellen verwendet werden können. Auch die in Magdeburg gewonnene Schwarze Masse soll zunächst in die USA verschifft werden.

In Europa plant das Unternehmen aber ebenfalls eine Raffinerie zur Aufbereitung von Schwarzer Masse. Dafür lotet Li-Cycle derzeit gemeinsam mit Glencore den Umbau einer hundert Jahre alten Metallschmelze auf Sardinien aus.

Prominente Geldgeber

Die Li-Cycle-Gründer Tim Johnston und Ajay Kochhar wollen ein Netz aus Recycling-Werken in Europa und Nordamerika aufbauen. So sollen in Frankreich und in Norwegen vergleichbare Anlagen wie in Magdeburg entstehen. Genug Kapital für die Expansion ist vorhanden: Allein Glencore hat rund 200 Millionen Dollar bei Li-Cycle investiert.

Weitere 100 Millionen Dollar kommen vom US-Industriekonglomerat Koch Industries, LG Chem hat sich mit 50 Millionen Dollar beteiligt. Zudem hat das Unternehmen 375 Millionen Dollar an vergünstigten Krediten der US-Regierung im Rahmen des „Inflation Reduction Act“ erhalten. 2021 ist Li-Cycle über die Fusion mit einem Spac an die Börsen gegangen und wird dort aktuell mit einer Milliarde bewertet.

Angesichts eines Erlöses von zuletzt 3,1 Millionen Dollar und eines Verlustes von 39,3 Millionen Dollar haben die Anleger viel Zukunftsfantasie eingepreist. Doch Co-Gründer Johnston hält die Marktkapitalisierung für gerechtfertigt: „Wir sind kein traditioneller Elektroschrottverarbeiter, sondern ein Hersteller von Spezialmaterialien, was sich auch in einer höheren Bewertung am Kapitalmarkt niederschlägt.“

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