Putsch in Niger – Die Mission der US-Diplomatin Nuland

Victoria Nuland

Die US-Spitzendiplomatin gilt als erfahren und zäh.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Dass die Krise im Niger auf der Prioritätenliste der amerikanischen Regierung gerade weit oben steht, zeigt sich an einer einzigen Personalie: US-Präsident Joe Biden schickte seine beste Diplomatin vor, um mit den neuen Machthabern zu verhandeln.

Auf Victoria Nuland warte eine „Mission Impossible“, hatte es bereits im Vorfeld der Gespräche in Washington geheißen. Und tatsächlich signalisierten Nulands Gesprächspartner am Montag am Verhandlungstisch offenbar mehr Feindseligkeit als Kooperationsbereitschaft. Nachdem die 62-Jährige mit Stabschef Moussa Salao Barmou und drei weiteren Mitgliedern der Militärjunta zusammengetroffen war, sprach sie von „sehr offenen und bisweilen ziemlich schwierigen“ Gesprächen.

Übersetzt aus der Diplomatensprache heißt das so viel wie: Das Treffen war ein Desaster, der Ton der neuen Machthaber rüde und unnachgiebig. So wurde Nuland die Bitte abgeschlagen, den selbst ernannten neuen Staatschef zu treffen: General Abdourahamane Tiani hatte keine Zeit für die ranghohe US-Diplomatin.

Nicht einmal den entmachteten und festgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum habe sie persönlich treffen können, sagte Nuland. Immerhin habe sie mit ihm telefoniert.

Am 26. Juli hatten Offiziere der Präsidialgarde im Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum entmachtet. Der Kommandeur der Eliteeinheit, Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss zum neuen Machthaber.

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Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. Unter Bazoum war der Niger einer der letzten strategischen Partner des Westens im Kampf gegen den Vormarsch islamistischer Terroristen in der Sahelzone gewesen.

Das erklärt auch das große Interesse der USA, den Niger als Partner des Westens wieder zu stabilisieren und einen größeren Krieg in der Sahelzone zu verhindern. Vorerst setzt Washington dabei auch nach dem gescheiterten ersten Gesprächsanlauf auf die Diplomatie.

„Ich hoffe, dass sie die Tür für Gespräche offen halten“, kommentierte Nuland denn auch ihr erstes Gespräch. Ähnlich hörte sich das an, was US-Außenminister Antony Blinken am Dienstag dem französischen Sender RFI sagte. Diplomatie sei der bevorzugte Weg, die Situation zu lösen. Das sei der Ansatz der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas. „Und das ist auch unser Ansatz.“

Wobei es den Vereinigten Staaten auch um eine Diplomatie der Drohungen geht. Nuland wies die Militärs auf die Konsequenzen ihres Handelns für die Beziehungen zu den USA hin, sollte die demokratische Ordnung nicht wiederhergestellt werden. Washington hat die Hilfen für den Niger bereits eingefroren, weitere Schritte sollen folgen. Bisher gewährten die Vereinigten Staaten dem Land neben Wirtschafts- auch Militärhilfen.

General Abdourahmane Tiani (r.)

Der neue Machthaber wollte nicht mit der US-Diplomatin sprechen, er schickte andere Mitglieder der Junta vor.

(Foto: Reuters)

Die Diplomatin hatte in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder bei internationalen Krisen vermittelt. In Washington gilt sie als politische Krisenmanagerin, die einerseits geräuschlos im Hintergrund die Fäden zieht, in Verhandlungen aber auch mit Härte und Kompromisslosigkeit die Positionen der USA durchsetzen kann.

Dass ihr die Kunst der diplomatischen Wortwahl zuweilen auch entgleitet, zeigte ein Eklat vor neun Jahren. In einem Tonbandmitschnitt, der auf Youtube veröffentlicht wurde, sagte Nuland über die Europäische Union: „Fuck the EU.“ Die Äußerung fiel in einem vertraulichen Telefongespräch Nulands mit dem US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, in dem es über Lösungsansätze zur Beilegung der Krimkrise mit Russland ging.

In Brüssel herrschte Verärgerung. Die Empörungswelle ebbte erst ab, als Nuland sich entschuldigte und ihre Hochachtung gegenüber der Europäischen Union beteuerte.

Keine Zusammenarbeit mit Donald Trump

Dabei war Nuland schon damals keine politische Novizin mehr. Seit 1984 besetzte sie wechselnde Rollen im Außenministerium der Vereinigten Staaten, als Diplomatin war sie unter anderem in der Mongolei, China und Russland akkreditiert. Während des zweiten Irakkriegs 2003 arbeitete sie als sicherheitspolitische Beraterin des republikanischen US-Vizepräsidenten Dick Cheney, von 2005 bis 2008 repräsentierte sie die USA bei der Nato.

Obwohl parteipolitisch unabhängig, war eine Zusammenarbeit mit Donald Trump für sie unvorstellbar. Nach Trumps Amtseinführung als US-Präsident verließ sie 2017 das Außenministerium, mit Joe Biden kehrte sie aber umgehend wieder zurück. Bis heute zählt sie zu den wichtigsten Diplomatinnen des demokratischen US-Präsidenten.

Nun soll sie dazu beitragen, die Stabilität in der Sahelzone wiederherzustellen. Die gescheiterten ersten Gespräche werden sie dabei nicht entmutigen: In Washington gilt Nuland als ausgesprochen zäh und hartnäckig.

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