NRW-Justizminister Limbach attackiert Staatsanwaltschaft Köln

Benjamin Limbach

Vor dem Rechtsausschuss wies der NRW-Justizminister jegliche Verantwortung für die Eskalation zurück.

(Foto: IMAGO/Political-Moments)

Düsseldorf NRW-Justizminister Benjamin Limbach (CDU) hat sich vor dem Rechtsauschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zum Umgang mit der Cum-Ex-Affäre geäußert. Im Kern beantwortete er Fragen dazu, warum NRW-Beamte dem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft fast ein Jahr lang Unterlagen aus Ermittlungsverfahren vorenthielten, die der Ausschuss auf seine Aufklärungsarbeit angefordert hatte.

Das Hamburger Gremium will aufdecken, ob Politiker Einfluss auf die Besteuerung der M.M. Warburg Bank nahmen. Die Bank war an illegalen Cum-Ex-Geschäften beteiligt. Der Begriff Cum-Ex bezeichnet Aktienkreisgeschäfte mit dem Ziel, sich eine nur einmal gezahlte Kapitalertragsteuer doppelt erstatten zu lassen.

In Hamburg geht ein Untersuchungsausschuss der Frage nach, welche Rolle Politiker wie der damalige Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs, der frühere Erste Bürgermeister Olaf Scholz oder sein Nachfolger Peter Tschentscher – ehemaliger Finanzsenator Hamburgs – im Fall Warburg spielten. Kahrs und Scholz trafen sich vor einer Entscheidung des Finanzamts zugunsten der Warburg Bank mehrfach mit dessen Eigner Christian Olearius. Tschentscher verlangte laut einer Aktennotiz, auf dem Laufenden gehalten zu werden.

In Nordrhein-Westfalen führt die Justiz strafrechtliche Ermittlungsverfahren im Umfeld der M.M. Warburg Bank. Zu den Beschuldigten zählen diverse Mitarbeiter der Warburg Bank sowie ihr langjähriger Vorstandschef und Gesellschafter Olearius. Der frühere Generalbevollmächtigte wurde zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Auch gegen Johannes Kahrs und eine für Warburg zuständige Finanzbeamtin wird ermittelt.

Für die Arbeit des Hamburger Untersuchungsausschusses sind die Erkenntnisse der Strafverfolger in Köln von höchstem Interesse. Deswegen forderten die Hamburger Politiker die NRW-Behörden in zahlreichen Schreiben auf, die entsprechenden Akten herauszugeben.

Klage gegen NRW-Justiz stand kurz bevor

Nach einem Dreivierteljahr drohten die Abgeordneten schließlich mit einer Klage. Erst in letzter Minute konnte der Eklat abgewendet werden. Limbach hatte eine Delegation nach Hamburg geschickt, die sich wortreich entschuldigte und zwei Datensticks mitbrachte.

Vor dem Rechtsausschuss wies Limbach nun jegliche Verantwortung für die Eskalation zurück. „Wir wollten den Ausschuss in seiner Aufklärungsarbeit unterstützen und sahen uns unter wachsendem Erklärungsdruck, warum unsere Unterstützung ausblieb. Auf der anderen Seite erhielten wir von dem Leitenden Oberstaatsanwalt in Köln Informationen, die wir zur Unterrichtung des Ausschusses gebraucht hätten, mit großer Verzögerung oder gar nicht“, sagte Limbach. Die Verzögerung sei nicht mehr vermittelbar gewesen. „Wir steuerten auf eine zunehmend untragbare Situation zu.“

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Als einen der Hauptverantwortlichen sieht Limbach Joachim Roth, der bis vor wenigen Wochen Chef der Kölner Staatsanwaltschaft war. „Ich habe Ihnen von der Anordnung meines Hauses gegenüber dem Leitenden Oberstaatsanwalt in Köln berichtet, zur Bereitstellung der Unterlagen für den Ausschuss alle aufschiebbaren Dienstgeschäfte zurückzustellen. Die Reaktion war: Es existierten weder bei der Hauptabteilung H noch im gesamten Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Köln irgendwelche aufschiebbaren Tätigkeiten.“

Das sei bemerkenswert und angesichts des parlamentarischen Auskunftsanspruchs des Hamburger Untersuchungsausschusses nicht nachvollziehbar, sagte Limbach. Er müsse Informationen „vollständig und zeitgerecht bekommen. Dass uns dieser Eckpfeiler unserer Arbeit einmal derart wegbrechen könnte, hätte ich im Justizressort nicht erwartet.“

Ansage an den neuen Chef der Kölner Staatsanwaltschaft

Joachim Roth verabschiedete sich nach diesem Vorfall in den vorzeitigen Ruhestand. Sein Nachfolger heißt Stephan Neuheuser. Im Rechtsausschuss hat Limbach durchblicken lassen, dass Neuheuser bei der Staatsanwaltschaft Köln einiges auf den Prüfstand stellen soll. „Er wird sich zunächst ein Bild von der Lage verschaffen müssen, um auf einer tragfähigen Grundlage zielführende Schritte in den Blick nehmen zu können. Ich bin jedoch sicher, dass er die erforderlichen und angezeigten Maßnahmen alsbald umsetzen wird“, sagte Limbach.

Der Fall Hamburg habe „Herausforderungen deutlich werden lassen, die zuvor für mein Haus in dieser Dimension nicht erkennbar waren. Ein besonders helles Schlaglicht ist auf die Verwaltung und Organisation der Dienstgeschäfte von Hauptabteilung H der Staatsanwaltschaft Köln gefallen und hat dort einige Schwierigkeiten hervortreten lassen.“

In der Hauptabteilung sind die Cum-Ex-Ermittlungen in NRW gebündelt. Sie wird von Anne Brorhilker geleitet. Sie gilt als wichtigste Aufklärerin im Steuerskandal und hat sich internationales Ansehen erarbeitet.

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