Neue Inflationssorgen – Dax schließt ein Prozent tiefer

Frankfurt Der Dax hat am Freitag Schwäche gezeigt. Der deutsche Leitindex lag den ganzen Tag im Minus und drehte am Nachmittag weiter nach unten, als etwas stärker als erwartet gestiegene US-Erzeugerpreise die Unsicherheit der Anleger über die Inflations- und Zinsaussichten vergrößerte.

Das Börsenbarometer beendete den Handelstag um ein Prozent niedriger auf 15.832 Punkte. Es hat sich damit wieder deutlich von der vielbeachteten Marke von 16.000 Punkten entfernt. Für den MDax der mittelgroßen Unternehmen ging es am Freitag um 0,9 Prozent nach unten. Der Euro-Zonen-Leitindex schloss um 1,4 Prozent niedriger. Die US-Aktienmärkte verloren im frühen Handel ebenfalls.

Die Erleichterung der Anleger über eine weniger als erwartet gestiegene Inflation in den USA im Juli ist somit rasch wieder verflogen. Die US-Erzeugerpreise stiegen im Juli höher als erwartet infolge gestiegener Preise für Dienstleistungen: Gegenüber dem Vorjahresmonat zogen die Preise um 0,8 Prozent an, erwartet worden waren 0,7 Prozent. Im Juni hatten die Preise im Jahresvergleich nur um 0,2 Prozent zugelegt. Im Monatsvergleich stiegen die Erzeugerpreise um 0,3 Prozent, erwartet worden waren 0,2 Prozent.

Das verstärkt die Sorge der Investoren, dass die Zentralbanken ihre Zwei-Prozent-Inflationsziele mittelfristig nicht erreichen und doch noch weiter an den Zinsschrauben drehen. Die US-Notenbank Fed schaue besonders auf die Entwicklung der Preise für Dienstleistungen, die etwas stärker als erwartet gestiegen seien, erklärt Jeremy Batstone-Carr, Europa-Stratege bei der US-Investmentbank Raymond James, die neuerlich schwächeren Aktienkurse.

Zudem verunsicherte eine Aussage der Fed-Bankerin Mary Daly. Ihr zufolge ist der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen. „Ob wir die Zinsen ein weiteres Mal erhöhen oder die Zinsen über einen längeren Zeitraum stabil halten – diese Dinge müssen noch entschieden werden.“

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Indes hat sich infolge der Inflation die Verbraucherstimmung in den USA im August leicht eingetrübt. Das viel beachtete Barometer der Universität Michigan fiel um 0,4 auf 71,2 Punkte. Ökonomen hatten mit einem etwas stärkeren Rückgang auf 71,0 Punkte gerechnet.

Trotz allem rechnen Investoren infolge der US-Inflationszahlen zunächst weiterhin eher damit, dass die Fed im September ihren Leitzins nicht erneut anhebt. Sind sind allerdings nach wie vor besorgt über die Entwicklung der Weltwirtschaft und mögliche weitere Zinsschritte der Europäischen Zentralbank.

Die Verbraucherpreise in den USA stiegen im Juli im Jahresvergleich um 3,2 Prozent, etwas weniger als von Analysten erwartet. Im Monatsvergleich blieb der Preisniveauanstieg bei 0,2 Prozent. Die Kerninflation, die die Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, sank leicht von 4,8 auf 4,7 Prozent.

In China litten die Aktien erneut unter schlechten Nachrichten aus dem Bausektor. Das riesige Bauunternehmen Country-Garden kämpft mit seinen Schulden und prognostizierte einen Nettoverlust von 7,6 Milliarden US-Dollar. Ein Index für Bauunternehmen auf dem chinesischen Festland fiel um 2,3 Prozent auf ein fast dreiwöchiges Tief.

Der Hongkonger Hang-Seng-Index sank um 0,9 Prozent. Der CSI-300-Index für die wichtigsten Aktien des chinesischen Festlands verlor sogar 2,3 Prozent. Die Börse in Tokio blieb wegen eines Feiertags geschlossen.

Britische Wirtschaft ist zuletzt überraschend leicht gewachsen

Die britische Wirtschaft hat im Frühjahr indes unerwartet etwas zugelegt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von April bis Juni um 0,2 Prozent zum Vorquartal, wie das nationale Statistikamt ONS am Freitag mitteilte. Ökonomen hatten mit einer Stagnation gerechnet. Steigende Zinsen und eine immer noch hohe Inflation lasten auf der Wirtschaft in Großbritannien, die zu Jahresbeginn minimal um 0,1 Prozent gewachsen war. Allein im Juni kletterte das BIP spürbar um 0,5 Prozent zum Vormonat und damit mehr als doppelt so stark wie gedacht.

Dies befeuerte Spekulationen auf weitere Zinserhöhungen durch die Bank von England (BoE). Das britische Pfund zog daraufhin an, der britische Aktienmarkt reagierte mit Verlusten. Der Leitindex FTSE 100 gab im Tagesverlauf um mehr als ein Prozent nach.

Am Ölmarkt legten die Preise indes zu. Ein 159-Liter-Fass der Nordsee-Rohölsorte Brent und der US-Sorte WTI legten um 0,5 Prozent beziehungsweise 0,6 Prozent zu auf rund 87 US-Dollar beziehungsweise 83 US-Dollar. Das Ölkartell Opec erwartet für dieses Quartal ein globales Angebotsdefizit von mehr als zwei Millionen Barrel Öl pro Tag. Grund seien die jüngsten Kürzungen der Fördermengen durch wichtige Produzenten wie Saudi-Arabien, hieß es im Opec-Monatsbericht am Donnerstag

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Aus deutscher Sicht beschäftigen Anleger am Freitag zahlreiche Geschäftszahlen von Firmen aus der zweiten und dritten Reihe.

Blick auf Einzelwerte

Bechtle: Die Aktien des schwäbischen IT-Dienstleisters sprangen im Tagesverlauf um gut sechs Prozent nach oben. Bechtle hat am Freitag mit seinen Geschäftszahlen die Erwartungen der Analysten übertroffen und seinen Jahresausblick bestätigt. Das Unternehmen aus dem MDax will seinen Absatz im Gesamtjahr um fünf bis zehn Prozent steigern.

Varta: Gefragt nach Zahlen waren etwa die Aktien des Batterieherstellers aus dem SDax, die im Tagesverlauf um mehr als 15 Prozent zulegten. Den Handelstag beendete die Aktie bei einem Plus von knapp elf Prozent. Varta traut sich nach dem schleppend laufenden aktuellen Geschäftsjahr im kommenden Jahr stärkeres Wachstum zu. Durch die Belebung des Geschäfts in wichtigen Bereichen erwarte der Vorstand 2024 einen Umsatz von deutlich mehr als 900 Millionen Euro, teilte Varta am Freitag mit. Vielversprechend sei das Geschäft mit Energiespeichern und mit Lithium-Ionen-Produkten.

Salzgitter: Unter Druck gerieten die Papiere des Stahlkochers aus dem Kleinwerteindex nach den Quartalszahlen. Die Aktien beendeten den Tag knapp vier Prozent im Minus. Das Unternehmen aus dem Kleinwerteindex berichtet für das erste Halbjahr einen Vorsteuergewinn von 242,6 Millionen Euro, nach 970,5 Millionen Euro ein Jahr zuvor.

Die Analysten der Bank Baader Helvea erkennen „keine positiven Impulse im Halbjahresbericht“. Das härtere Konjunkturumfeld habe den Vorsteuergewinn unter das erwartete Niveau gedrückt, erläutern die Analysten. Sinkende Nachfrage aus der Industrie, etwa aus dem Bau, von Haushaltgeräteherstellern sowie Maschinenbauern, machten Salzgitter zu schaffen.

Metro: Nach schlechteren Quartalszahlen als erwartet verlor die Aktie des Großhandelskonzerns aus dem SDax am Freitag 7,3 Prozent. Der bereinigte Vorsteuergewinn ist gegenüber dem Vorjahresquartal gesunken auf 332 Millionen Euro, nach 441 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Der Nettogewinn betrug 174 Millionen Euro nach einem Verlust ein Jahr zuvor von 290 Millionen Euro. Metro steigerte den Gewinn dank des Verkaufs seines Geschäfts in Indien deutlich.

Zudem stellt sich der Großhändler nicht auf eine Zusammenarbeit mit der französischen Kette Casino ein, bei der ein Konsortium des Metro-Großaktionärs Daniel Kretinsky nach der Mehrheit greift. „Er hat nicht an unsere Tür geklopft“, sagte Metro-Chef Steffen Greubel am Freitag in einer Telefonkonferenz auf die Frage, ob der tschechische Investor sich bei Metro wegen möglicher Synergien mit Casino gemeldet habe. „Es gibt keine aktive Konversation zwischen Herrn Kretinsky und uns bezüglich möglicher Themen Richtung Casino“, betonte der Metro-Chef.

Kretinskys EP Global Commerce kontrolliert über 45 Prozent der Metro-Aktien. Es gebe auch große Unterschiede im Geschäftsmodell eines Großhändlers wie Metro und einer Supermarktkette, sagte Greubel.

UBS: Um nahezu fünf Prozent legte die Aktie der Schweizer Großbank UBS zu. Die Bank teilte mit, dass sie keine Staatsgarantie benötige für die Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse.

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