London wird zur größten städtischen Klimaschutzzone der Welt

London weitet die Umweltzone bis an die Stadtgrenze aus

Hunderttausende Fahrzeuge sind von der Ausweitung betroffen.

(Foto: Bloomberg)

London London hat seit Dienstag die weltweit größte Umweltschutzzone für den Autoverkehr in einer Großstadt. Trotz Bürgerprotesten und massiver Kritik vonseiten der britischen Regierung hat der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan die seit 2008 geltende Umweltzone Ulez (Ultra Low Emission Zone) auf Randbereiche der Metropole ausgeweitet. 

Autofahrer müssen ab sofort 12,50 Pfund (etwa 14,50 Euro) pro Tag zahlen, wenn sie mit älteren Fahrzeugen in die britische Hauptstadt fahren wollen, die neuere Umweltstandards nicht erfüllen. Das betrifft in der Regel Dieselautos mit einem Baujahr vor 2015 und Benziner, die vor 2005 gebaut wurden. Nach Schätzungen des britischen Automobilverbands RAC sind insgesamt rund 700.000 Fahrzeuge von der Ausweitung der Mautzone betroffen. 

Die britische Hauptstadt untermauert damit ihre international führende Rolle im Klimaschutz. „Verglichen mit anderen Städten hat London vieles richtig gemacht“, sagt Robin Hickman, Verkehrswissenschaftler am University College London, „insbesondere der entschlossene Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und die Einführung von Umweltzonen sind beispielhaft auch für andere Städte.“ 

Die Verkehrspolitik des Labour-Politikers Khan ist jedoch zu einem nationalen Streitthema geworden. Konservative Politiker werfen dem Londoner Bürgermeister vor, einen ideologischen Klimaschutz auf Kosten der Bürger zu betreiben. Es gehe Khan nur darum, den Bürgern in die Tasche zu greifen, sagte Transportminister Mark Harper.

Die regierenden Tories konnten mit diesem Argument bei den Nachwahlen im Londoner Randbezirk Uxbridge im Juli überraschend ihren Parlamentssitz verteidigen und versuchen seitdem, die in den Meinungsumfragen führende Labour-Partei mit dem Vorwurf einer überzogenen Umweltschutzpolitik in die Enge zu treiben. So lockerte Wohnungsbauminister Michael Gove am Dienstag die Umweltstandards für die Bauindustrie.

Boris Johnson führte die Umweltzone einst ein

Die Ironie der Geschichte will es jedoch, dass die Ulez vom früheren konservativen Premier Boris Johnson eingeführt wurde, als er noch Bürgermeister in London war. Khan, der selbst an Asthma leidet, setzt diese Politik nun konsequent fort und begründet die Ausweitung der Umweltzone unter anderem damit, dass gerade in den Außenbezirken viele Menschen an der hohen Luftverschmutzung litten.

Die Entscheidung sei ihm nicht leichtgefallen, sagte Khan der BBC, „die Politik zur Luftreinhaltung ist aber weder autofeindlich noch autofahrerfeindlich“. Es sei jedoch „klar“, dass die Luftverschmutzung durch den Autoverkehr die Gesundheit der Menschen gefährde. Rund 4000 Londoner würden dadurch pro Jahr vorzeitig sterben.

Londons Bürgermeister Sadiq Khan

Der Labour-Bürgermeister führt die Politik von Ex-Premier Boris Johnson fort, der die Umweltzone einst als Bürgermeister eingerichtet hatte.

(Foto: dpa)

Allerdings hat Khan auf Druck seiner Parteifreunde den Plan aufgegeben, die Londoner Innenstadt bis 2025 emissionsfrei zu machen. Stattdessen konzentriere man sich jetzt auf das Ziel, dass London bis 2030 klimaneutral werde. In der Innenstadt zahlen Autofahrer bereits eine Tagesmaut von 15 Pfund. 

Der Versuch von konservativen Lokalpolitikern, die Ausweitung der Ulez gerichtlich zu stoppen, scheiterte Ende Juli vor dem High Court in London. Das Gericht urteilte, dass Khans Pläne rechtmäßig sind. „Diese bahnbrechende Entscheidung ist eine gute Nachricht, denn sie bedeutet, dass wir mit der Luftreinigung in den Außenbezirken Londons fortfahren können“, sagte der Bürgermeister nach dem Urteil. 

Viele Bürger in den Londoner Außenbezirken sind dennoch aufgebracht über die steigenden Transportkosten in einer Zeit mit ohnehin hohen Inflationsraten, auch wenn die neue Umweltmaut von einer Abwrackprämie begleitet wird. So kam es am Wochenende zu Demonstrationen. Eine große Zahl von Verkehrskameras zur Kontrolle der Umweltmaut wurde durch Unbekannte zerstört.

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