Ladesäulen-Betreiber Wirelane will nach Übernahme Marktführer werden

München Constantin Schwaab will nicht weniger als „eine Art Shell des Ladens“ schaffen. Schwaab ist Gründer des Elektroladesäulenbetreibers Wirelane und verfolgt den Plan, „ganz klar der größte Ladesäulenbetreiber in Deutschland“ zu werden. „Um das zu erreichen, müssen wir jetzt und nicht irgendwann aggressiv wachsen“, sagt Schwaab. Wer es nicht ganz schnell schaffe, in eine bedeutende Größenordnung zu kommen, werde „auf dem Weg sterben“.

Zuletzt übernahm das Münchener Start-up den Konkurrenten Oncharge. Experten rechnen mit einer weiteren Konsolidierung in der noch sehr fragmentierten Branche. Zur Finanzierung des Deals und für den Ausbau des eigenen Ladesäulennetzes sammelte Wirelane bei Investoren in einer erweiterten Series-B-Finanzierungsrunde weitere elf Millionen Euro ein.

Wirelane kommt laut Schwaab derzeit auf etwa 1000 eigene Ladesäulen. Stark vertreten ist das Start-up vor allem auf Firmenparkplätzen und in Hotels, die ihren Gästen die Möglichkeit bieten wollen, während des Aufenthalts ihr Elektroauto auf dem Parkplatz oder in der Tiefgarage zu laden. Die Münchner rechnen zudem 18.000 Ladepunkte zum Beispiel von Stadtwerken ab.

Insgesamt gibt es in Deutschland laut Bundesnetzagentur 75.000 Normal- und 17.000 Schnellladepunkte. Diese verteilen sich auf 6500 Betreiber von Ladesäulen. Die größten Anbieter waren zuletzt EnBW Mobility mit knapp 5000 Ladepunkten, Eon Drive (2840) und Tesla (knapp 2400).

Experten rechnen mit einer Marktbereinigung. „Aller Voraussicht nach wird sich der Markt nach 2025 konsolidieren“, heißt es in einer Studie von der Unternehmensberatung Roland Berger. Es würden sich „diejenigen Unternehmen durchsetzen, die in den nächsten zwei bis drei Jahren die richtigen Entscheidungen treffen und die notwendigen Investitionen tätigen“.

Dabei sehen die Berger-Experten vor allem drei Gruppen, die den Markt bestimmen: reine Ladesäulenspezialisten wie Wirelane, die früh am Markt waren, große Versorger und die Autobauer.

„Was in diesem Markt vor allem zählt, ist Größe, die dann auch wichtige Synergien schafft“, sagt auch Wirelane-Gründer Schwaab. Zudem würden Kunden großen und bekannten Marken, mit denen sie einmal gute Erfahrungen gemacht hätten, eher vertrauen als einer Vielzahl unbekannter Anbieter.

Die Justiz ermittelt wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs

Mit den neuen Investorengeldern sieht sich das Unternehmen auch für drohende juristische Auseinandersetzungen gerüstet. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt derzeit wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug. Wirelane hatte im Namen von Kunden Anträge auf staatliche Zuschüsse in Höhe von bis zu 80 Prozent gestellt. Die Justiz prüft nun, ob Fördermittel teilweise zu Unrecht beantragt worden sein könnten.

Wirelane-CEO Schwaab

Der Ladesäulenspezialist übernimmt einen Konkurrenten.

(Foto: Wirelane)

Schwaab will sich mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht näher zu dem Verdacht äußern. Wirelane habe aber alle künftigen Kunden umfangreich über die Bedingungen der Förderung informiert und sich die notwendigen Vollmachten und Zusicherungen geben lassen. Zudem seien bis dato noch gar keine Fördermittel ausgezahlt worden – vielmehr sei Wirelane mit eigenem Kapital in Vorleistung gegangen und warte bis heute auf die Auszahlung der Subventionen.

Wirelane hatte damit geworben, dass seine Kunden nichts für die Ladesäulen zahlen müssen. 80 Prozent übernehme der Staat, den Rest Wirelane. Im Gegenzug hat sich das Unternehmen von seinen Kunden für ein paar Jahre die Erlöse aus der komplexen, aber lukrativen Treibhausgasminderungsquote übertragen lassen. Die Betreiber von Ladesäulen können, ähnlich wie Elektroautobesitzer, die THG-Quote zur Förderung der Elektromobilität in Anspruch nehmen. Diese richtet sich nach der Menge des verkauften Stroms und kann weiter veräußert werden.

Laut Wirelane handelte es sich bei dem Förderprogramm um eine sogenannte De-minimis-Beihilfe. Zuwendungsempfänger dürfen dabei innerhalb von drei Steuerjahren nicht mehr als 200.000 Euro an Beihilfen erhalten. Dies habe man bei den Kunden abgefragt, beteuert Schwaab. Laut Behörden hätten einige Kunden aber möglicherweise unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht.

Erlöse sollen bis 2025 auf über 100 Millionen Euro steigen

Auch an anderer Stelle hatte Wirelane die Justiz beschäftigt. Das Start-up hatte sich einen aufsehenerregenden Rechtsstreit mit Tesla geliefert. Zunächst hatte Elon Musks Firma dem deutschen Start-up in einer Abmahnung Rufschädigung vorgeworfen.

Dann warf Wirelane dem Konkurrenten vor, in Deutschland ungeeichte Ladestationen zu betreiben. Anfang des Jahres wies ein Gericht allerdings den Antrag auf eine einstweilige Verfügung zurück. Tesla darf die umstrittenen Supercharger-Ladestationen vorerst weiterbetreiben.

Wirelane hatte früher als mancher Konkurrent dabei auf Kreditkartenterminals gesetzt. Nun profitiert das Unternehmen davon, dass neue Ladesäulen nach einer aktuellen Verordnung eine solche Bezahlmöglichkeit haben müssen. Zudem sind die Säulen geeicht, während Konkurrenten auch noch ältere Modelle in Betrieb haben.

Mit dem nun übernommenen Tochterunternehmen Oncharge will Wirelane bis Jahresende Konzessionen für 3000 Ladepunkte erwerben und diese in 450 Kommunen aufbauen. In diesem Jahr dürfte Wirelane laut Branchenschätzungen auf zweistellige Millionenumsätze kommen. Bis 2025 sollen die Erlöse dann auf mehr als 100 Millionen Euro steigen.

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