JP Morgan macht sich für digitalen Euro stark

Frankfurt Das Projekt „Digitaler Euro“ bekommt mit dem US-Geldhaus JP Morgan einen wichtigen Fürsprecher aus der Finanzbranche: „Es deutet viel darauf hin, dass der digitale Euro tatsächlich eingeführt wird. Ich bin der Meinung, dass der Schritt auch richtig ist“, sagte Andreas Windmeier, der bei JP Morgan zuständig ist für das Zahlungsverkehrsgeschäft im europäischen Wirtschaftsraum, dem Handelsblatt. 

Der Bargeldanteil gehe nach und nach zurück. „Der digitale Euro wird es als neue Form des Zentralbankgelds ergänzen und bietet Chancen für Innovationen“, sagte Windmeier, der das Geschäft mit Handelsfinanzierungen sowie Zahlungsverkehrslösungen für Unternehmern, Finanzinstitute und E-Commerce-Plattformen verantwortet.

Die Position von JP Morgan hat Gewicht. Denn das größte Kreditinstitut der USA zählt auch in Deutschland zu den bedeutendsten Instituten des Landes: Die Europatochter in Frankfurt ist die fünftgrößte Bank der Bundesrepublik. Nach dem Willen von Vorstandschef Jamie Dimon soll das Institut sogar in die Top drei aufsteigen. Derzeit bereitet die Bank mit einem Onlineangebot den Einstieg ins deutsche Privatkundengeschäft vor, wie Dimon dem Handelsblatt im Juli sagte.

Der digitale Euro würde jedem Bürger in digitaler Form Zugang zu Zentralbankgeld verschaffen, das bislang nur in Form von Scheinen und Münzen verfügbar ist. Zentralbankgeld ist das einzige hundertprozentig ausfallsichere Zahlungsmittel. Die digitalen Guthaben bei der Zentralbank und das Bargeld werden unter dem Oberbegriff „Zentralbankgeld“ zusammengefasst, denn nur die Zentralbank kann dieses Geld schaffen.

Innerhalb der deutschen Finanzbranche ist der digitale Euro allerdings umstritten, und auch in der Politik gibt es Zank darüber, wer beim digitalen Euro mitreden darf – ob nur die europäischen Institutionen oder auch die nationalen Parlamente.

Für Banken verursacht der Digital-Euro Kosten

Die Sparkassen fürchten beispielsweise, dass die Digitalwährung ein neues Zahlungsverfahren etabliert und die bestehenden Systeme der Banken angreift. Die Volks- und Raiffeisenbanken warnen vor Liquiditätsengpässen bei Banken, falls besonders viele Kunden ihre Einlagen in Digital-Euro umwandeln würden. Der Privatbankenverband BdB sieht den digitalen Euro dagegen positiver und bezeichnet ihn als „nächsten Schritt in der Evolution des Geldes“.

Auch Windmeier räumt ein, dass es noch „viele offene Fragen bei der Ausgestaltung“ gibt. Dazu gehöre neben der Frage, wie genau man an der Ladenkasse mit dem digitalen Euro bezahle, vor allem der Kostenaspekt. „Handel, Banken und Zahlungsdienstleister werden investieren müssen und entstehende Kosten nicht direkt an die Konsumenten weitergeben können“, sagte der Zahlungsexperte. 

Hinzu kommt, dass es bereits mehrere potenziell konkurrierende Zahlungssysteme gibt, die die deutschen Institute ausbauen wollen, und andere, die wiederum erst geschaffen werden sollen: die in Deutschland weit verbreitete Girocard, das Online-Bezahlsystem Giropay sowie ein neues europäisches Zahlungssystem namens EPI, das 2024 starten soll.

Die Einführung des digitalen Euros ist in der Politik und der Öffentlichkeit genauso umstritten wie in der Finanzbranche. Ende Juni ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey unter 5000 Bürgern, dass 56 Prozent die Pläne zur Einführung eines digitalen Euros negativ beurteilen. 26 Prozent schauen positiv darauf, der Rest der Befragten wollte keine Einschätzung abgeben.

Der Digitalwährung schlägt viel Skepsis entgegen

Wenige Wochen vor einer Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) zum digitalen Euro fordern nun immer mehr Politiker eine stärkere Rolle des Deutschen Bundestags bei der Einführung eines digitalen Euros. Nach der Unionsfraktion sprechen sich nun auch die Grünen und die FDP für eine intensivere Einbindung des Parlaments aus.

„Ich unterstütze die Forderung nach einer Parlamentsabstimmung zum digitalen Euro“, sagte Volker Redder, FDP-Obmann im Ausschuss für Digitales, dem Handelsblatt. Für die FDP-Bundesfraktion stehe bei der Einführung des digitalen Euros die Akzeptanz in der Bevölkerung im Vordergrund.

Aus Sicht der Grünen-Abgeordneten Sabine Grützmacher muss beim digitalen Euro klar definiert sein, welchen Mehrwert er für Bürgerinnen und Bürger bringen soll. „Grundsätzlich bin ich für eine enge Einbindung des Bundestages, da es sich hier um weitreichende Entscheidungen für zukünftige digitale Bezahlvorgänge handelt“, sagte Grützmacher.

Die Unionsfraktion hatte Anfang August gefordert, dass der Bundestag über die Einführung des digitalen Euros abstimmt – und dass die Bundesregierung sich bei der Entscheidungsfindung im Europäischen Rat dann auch an den Beschluss des Parlaments hält.

„Der digitale Euro kann das Bargeld digital ergänzen und es damit stärken“, sagte Matthias Hauer, der Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss. „Ich befürchte allerdings, dass gerade die AfD im Europawahlkampf versuchen wird, mit den konkreter werdenden Plänen für einen digitalen Euro unbegründete Ängste zu schüren, dass angeblich eine Bargeldabschaffung drohe.“

Matthias Hauer

„Der digitale Euro kann das Bargeld digital ergänzen und es damit stärken“, sagt der Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss.

(Foto: IMAGO/Metodi Popow)

Die EU-Kommission hatte Ende Juni einen Gesetzentwurf zum digitalen Euro vorgelegt. Dabei handelt es sich um einen Rechtsrahmen, der die Einführung der Digitalwährung ermöglichen soll. Die Entscheidung, ob und wann der digitale Euro kommt, überlässt die Kommission der Europäischen Zentralbank. Eine Abstimmung nationaler Parlamente ist in dem Prozess nicht vorgesehen.

Mindestens 15 EU-Staaten müssen zustimmen

Der Vorschlag der Kommission werde nun das ordentliche EU-Gesetzgebungsverfahren durchlaufen, betonte Katja Hessel, parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Ende Juli in einem Brief an den Finanzausschuss des Bundestags. Die Abstimmung im Rat der Mitgliedstaaten erfolgt mit qualifizierter Mehrheit. Das bedeutet, dass mindestens 15 Staaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung zustimmen müssen. Im Europaparlament reicht eine einfache Mehrheit.

Der EZB-Rat entscheidet voraussichtlich im Oktober, ob die Notenbank die nächste Projektphase einläutet. Dabei geht es um die technische Entwicklung der Digitalwährung, für die drei Jahre vorgesehen sind. Eine endgültige Entscheidung über den digitalen Euro dürfte laut EU-Kommission nicht vor 2028 fallen.

Mehr: Die EU-Kommission treibt die virtuelle EU-Währung voran

source site-13