Fast jeder zweite Geflüchtete arbeitet nach sechs Jahren in Deutschland

Flüchtling und Ausbilder in einer Übungswerkstatt

Rund 70 Prozent der knapp 2,2 Millionen Geflüchteten, die Ende 2022 in Deutschland lebten, haben einen anerkannten Schutzstatus.

(Foto: imago images / photothek)

Berlin Die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten in Deutschland gelingt mit zunehmender Aufenthaltsdauer immer besser. Sechs Jahre nach ihrer Ankunft sind 54 Prozent erwerbstätig, wie eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt. Allerdings ist die Mehrheit der Geflüchteten noch im Niedriglohnbereich beschäftigt.

Die Ergebnisse basieren auf Wiederholungsbefragungen von Geflüchteten, die zwischen Anfang 2013 und Mitte 2019 nach Deutschland gekommen sind. Schutzsuchende aus der Ukraine, die nach Beginn des russischen Angriffskriegs einreisten, sind nicht berücksichtigt.

Die Befragung führt das IAB jährlich gemeinsam mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) durch.

Während anfangs nur ein geringer Teil der Geflüchteten erwerbstätig ist, weil beispielsweise das Asylverfahren noch läuft oder erst Integrationskurse absolviert werden, steigt die Quote mit der Aufenthaltsdauer. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

Sechs Jahre nach dem Zuzug sind 67 Prozent der geflüchteten Männer erwerbstätig, bei den Frauen trifft das nur auf 23 Prozent zu. Oft hängt das mit im Haushalt lebenden Kleinkindern zusammen, die betreut werden müssen.

Viele Anstellungen auf Fachkraft-Niveau

Was die Qualität der Arbeit angeht, so kommen Geflüchtete keineswegs nur in Helferjobs unter. Mit der Aufenthaltsdauer steigt auch das Anforderungsniveau der ausgeübten Tätigkeit. Sechs Jahre nach dem Zuzug arbeiten immerhin 60 Prozent der Geflüchteten auf Fachkraftniveau.

Weitere zehn Prozent üben Tätigkeiten als Spezialisten oder Experten aus, für die in der Regel ein Meister oder ein akademischer Abschluss erforderlich ist. 30 Prozent sind als Helfer beschäftigt.

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Allerdings gaben zwei von drei befragten Schutzsuchenden an, vor ihrer Flucht in der Heimat als Fachkraft gearbeitet zu haben, weitere 21 Prozent als Spezialisten oder Experten. Auch nach längerer Aufenthaltsdauer gelingt es also längst nicht allen Geflüchteten, in Deutschland eine Tätigkeit zu finden, die ihrem Qualifikationsniveau entspricht.

Das liegt aber auch daran, dass die meisten Herkunftsländer beispielsweise keine standardisierte duale Ausbildung mit formellen Abschlüssen kennen. Als Fachkraft kann dort auch gelten, wer während der Arbeitszeit bestimmte Kenntnisse erworben hat. Die Vergleichbarkeit ist also nicht immer gegeben.

Nach sechs Jahren verdienen Geflüchtete im Vollzeitjob im Mittel 2037 Euro brutto im Monat

Nach sechs Jahren in Deutschland hat sich aber jeder dritte Geflüchtete hierzulande weitergebildet, also beispielsweise eine allgemeinbildende Schule oder eine Universität besucht oder eine Aus- oder Weiterbildung absolviert.

Mit steigender Aufenthaltsdauer wächst auch die Zahl der Geflüchteten, die einem Vollzeitjob nachgehen. Beträgt der Anteil zwei Jahre nach der Einreise nur 39 Prozent, so steigt er nach sechs Jahren auf 65 Prozent. Er liegt damit etwas über dem Durchschnitt der erwerbstätigen Bevölkerung insgesamt.

Obwohl ein großer Teil der Geflüchteten nach längerem Aufenthalt mindestens auf Fachkraftniveau arbeitet, verharren viele doch im Niedriglohnsektor. In den ersten beiden Jahren in Deutschland verdienen Schutzsuchende in Vollzeitjobs im Mittel 1660 Euro brutto im Monat. Nach sechs Jahren Aufenthalt kommen sie auf 2037 Euro.

Der Mittelwert oder Median teilt dabei die Einkommensverteilung genau in der Mitte, das heißt, die eine Hälfte verdient weniger, die andere mehr.

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Nach sechs Jahren kommen die Geflüchteten in Vollzeitjobs damit auf 60 Prozent des mittleren Verdienstes aller Vollzeitbeschäftigten – und liegen damit genau auf der oberen Schwelle des Niedriglohnsektors.

Berücksichtigt man Voll- und Teilzeitbeschäftigte zusammen, dann steigt der mittlere Verdienst von Geflüchteten von 664 Euro brutto im Monat in den ersten beiden Jahren nach Ankunft auf 1683 Euro nach sechs Jahren. Als eine Erklärung für das relativ niedrige Lohnniveau führen die IAB-Forscher das junge Alter vieler Geflüchteter an.

Mit steigender Erwerbstätigkeit sinkt auch der Anteil der Schutzsuchenden, die Asylbewerberleistungen, Bürgergeld oder – sofern sie bereits Ansprüche in der Arbeitslosenversicherung erworben haben – Arbeitslosengeld beziehen. Allerdings liegt die Leistungsbezieherquote unter den Geflüchteten im erwerbsfähigen Alter sechs Jahre nach der Einreise mit 39 Prozent bei den Männern und 63 Prozent bei den Frauen immer noch hoch.

Hier spielgelt sich die geringere Erwerbsquote der Frauen wider, aber auch die Tatsache, dass sie häufiger in größeren Haushalten mit minderjährigen Kindern leben und deshalb größeren Unterstützungsbedarf haben.

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