EZB hebt die Zinsen um 25 Basispunkte an

EZB in Frankfurt am Main

Seit der Zinswende vor einem Jahr ist das Zinsniveau massiv gestiegen.

(Foto: dpa)

Frankfurt Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht die Zinsen im Euro-Raum weiter. Sie hebt den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent an. Der zurzeit noch wichtigere Zins, den Banken für ihre Einlagen bei der EZB bekommen, steigt von 3,5 auf 3,75 Prozent. Das gab die Notenbank am Donnerstagnachmittag bekannt.

Im Vorfeld war mit einer weiteren Straffung der Geldpolitik in diesem Umfang gerechnet worden. Damit folgt die EZB der US-Notenbank Fed, die bereits am Mittwoch eine Zinserhöhung ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte beschlossen hatte.

Mit ihrem Beschluss reagiert die EZB auf die hohe Inflation im Euro-Raum. Im Juni hat sich der Preisdruck im Euro-Raum zwar weiter abgeschwächt. Die Preissteigerung lag mit 5,5 Prozent aber immer noch mehr als doppelt so hoch wie das Stabilitätsziel der EZB von zwei Prozent.

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Die um schwankungsanfällige Preise für Energie und Lebensmittel bereinigte Kerninflation notierte mit 5,5 Prozent ebenfalls deutlich über diesem Niveau. Die Kerninflation gilt als guter Indikator für den mittelfristigen Preistrend.

Im Statement der EZB heißt es, dass „einige Messgrößen Anzeichen einer Abschwächung“ der Inflation zeigen würden. Die Kerninflation sei aber insgesamt nach wie vor hoch.

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Außerdem beschloss die EZB, die Vergütung der Mindestreserven von Banken zu senken: Diese werden fortan mit null Prozent verzinst. Banken im Euro-Raum sind verpflichtet, Mittel in einer bestimmten Höhe bei der Notenbank zu halten. Die neue Maßnahme dämpft die Zinseinkommen der Banken.

Ab 14.45 Uhr äußert sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Rahmen einer Pressekonferenz zu den neuen Beschlüssen. Diese können Sie auf unserer Homepage im Liveblog verfolgen.

Bereits lange im Vorfeld der Sitzung hatte Notenbankchefin Lagarde den Zinsschritt in Aussicht gestellt. In ihrer Pressekonferenz nach der Ratssitzung im Juni bezeichnete sie eine weitere Erhöhung im Juli als „höchstwahrscheinlich.“

Zuletzt sind aber die Stimmen von Kritikern lauter geworden, die davor warnen, dass es die EZB mit den Zinserhöhungen übertreiben könnte. Hintergrund sind zuletzt schwache Konjunkturdaten, die deutlich unter den Erwartungen lagen. „Ich halte es für extrem wahrscheinlich, dass die EZB die Zinsen zu stark angehoben hat,“ kritisiert zum Beispiel Erik Nielsen, ökonomischer Berater der italienischen Bank Unicredit.

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Einige Ratsmitglieder drängten daher öffentlich bereits auf ein schnelles Ende der Erhöhungen. So betonte der scheidende italienische Notenbankchef Ignazio Visco, dass man nicht weit vom Zinshöhepunkt entfernt sei.

Selbst Verfechter einer strafferen Geldpolitik äußerten sich zuletzt auffallend zurückhaltend. So erklärte der niederländische Notenbankchef Klaas Knot im Vorfeld der Sitzung, ein Zinsschritt im September sei „höchstens eine Möglichkeit, keineswegs aber eine Gewissheit“. Bundesbank-Chef Joachim Nagel betonte, man müsse „abwarten, was die Daten über den September“ sagen. Nahezu deckungsgleich äußerte sich auch der Österreicher Robert Holzmann.

Schwache Konjunkturdaten verstärken Rezessionssorgen

Sorge bereiten Ökonomen die schwachen Einkaufsmanagerindizes. Für Industrie und Dienstleister zusammen sind diese in Deutschland und der Euro-Zone im Juli kräftig gesunken und liegen jeweils unter der Schwelle, die Wachstum signalisiert.

In Deutschland fiel außerdem der Ifo-Index für das Geschäftsklima zum dritten Mal in Folge. Dies gilt unter Fachleuten als Signal für eine negative Trendwende. Ifo-Präsident Clemens Fuest warnte daher, dass sich die Lage der deutschen Wirtschaft „verdüstert“.

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Auch die am Dienstag veröffentlichte EZB-Umfrage zur Kreditvergabe im Euro-Raum zeigte einen deutlichen Rückgang der Nachfrage nach Unternehmensdarlehen im zweiten Quartal. Sie fiel auf den niedrigsten Stand seit Beginn der turnusmäßigen Umfrage im Jahr 2003.

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