Ex-Douglas-Chefin wechselt als CEO zu Weleda

Düsseldorf Mit dem Slogan „Umparken im Kopf“ ist Tina Müller bekannt geworden. Diesen entwickelte sie in ihrer Zeit als Marketingchefin bei Opel. Jetzt parkt die 54-Jährige selbst erneut um: Knapp ein Jahr nach ihrem Abgang als Chefin der Parfümeriekette Douglas wagt die Managerin einen überraschenden Schritt. Ab dem 1. Oktober wird Müller Vorsitzende der Geschäftsleitung des Naturkosmetikherstellers Weleda.

Die Entscheidung kommt für Beobachter unerwartet. Schließlich ist das Schweizer Unternehmen mit Erlösen von rund 414 Millionen Euro im Jahr 2022 deutlich kleiner als Douglas, das 3,65 Milliarden Euro Jahresumsatz erzielte. Auch kommt Douglas als Händler auf gut 18.000 Mitarbeitende, Weleda nur auf rund 2500.

„Umsatz und Mitarbeiterzahl sind für mich bei Weitem nicht die wichtigsten Faktoren, wenn es darum geht, sich für eine CEO-Position zu entscheiden“, sagt Müller im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Für mich steht im Vordergrund, dass ich einen sinnhaften Auftrag übernehme, bei dem es das Ziel ist, das Leben der Menschen schöner und vor allem gesünder zu machen.“

Weleda: Künftige Chefin Tina Müller zieht in die Schweiz

Der Start bei Weleda dürfte für Müller jedoch herausfordernd sein. So hat das Unternehmen im vergangenen Jahr einen operativen Verlust von 3,3 Millionen Euro (Ebit) erzielt. Der Umsatz ging um 2,6 Prozent zurück. Arbeitsplätze wurden abgebaut. „2022 war sicher kein einfaches Jahr“, sagt Müller. „In diesem Jahr sieht es bereits wieder deutlich besser aus, Weleda wächst und ist klar in den schwarzen Zahlen.“

Weleda habe in den vergangenen Monaten einen Strategieprozess durchlaufen, den man gemeinsam im Team weiterführen werde, erklärt die künftige Chefin. Wenn es darüber hinaus noch etwas strukturell anzupassen geben sollte, habe sie auch damit „umfassende Erfahrung“. Sie stellt jedoch klar, dass sie keinen Restrukturierungsauftrag hat: „Wer mich holt, will profitabel und nachhaltig wachsen, da geht es weniger um Kostensenkungen.“

Heilpflanzengarten von Weleda in Schwäbisch Gmünd

Tina Müller war hier bereits vor Ort.

(Foto: Weleda AG)

Bei Weleda mit Zentrale in Arlesheim bei Basel soll sie die Geschäftsbereiche Naturkosmetik und anthroposophische Arzneimittel weiterentwickeln und das internationale Geschäft ausbauen, wie das Unternehmen mitteilte. Dafür verlegt Müller ihren ersten Wohnsitz in die Schweiz. „Wir freuen uns sehr, die Erfahrungen und die Expertise von Tina Müller mit dem Potenzial von Weleda zu verbinden“, sagte Thomas Jorberg, Präsident des Weleda-Verwaltungsrats.

Gereizt hat die Managerin an dem neuen Job, dass Weleda anders als Douglas kein reiner Händler ist. „In meiner neuen Rolle als CEO habe ich bei Weleda die Möglichkeit, die gesamte Wertschöpfungskette zu verantworten – vom Anbau der Heilpflanzen bis zum Vertrieb an den Endverbraucher weltweit“, erklärt Müller.

Das Unternehmen unterhält in der deutschen Niederlassung in Schwäbisch Gmünd einen großen Heilpflanzengarten für die eigene Produktion. Müller war bereits vor Ort und ließ sich alles zu Pflanzen und Anbau erklären, nachdem ein Personalberater sie wegen des Postens angesprochen hatte. Branchenkreisen zufolge sollen ihr zahlreiche andere Angebote vorgelegen haben.

Douglas-Filiale in Dortmund

Tina Müller hatte die Parfümeriekette neu ausgerichtet.

(Foto: imago images / Markus Rinke)

Die Diplom-Kauffrau hat langjährige Erfahrung in der Kosmetik- und Konsumgüterindustrie. Nach ihrem Studium in Trier und Lyon startete sie als Trainee beim Kosmetikunternehmen L’Oreal Deutschland. Von dort wechselte sie zur Wella AG.

Tina Müller verlässt Aufsichtsrat von Douglas

1995 ging sie zu Henkel. Dort arbeitete sie 18 Jahre in zahlreichen Managementpositionen. Sie verantwortete bei dem Dax-Konzern unter anderem die internationale Entwicklung der Marke Schwarzkopf und die Einführung der neuen Haarpflegemarke Syoss, bevor sie 2013 schließlich zum Autobauer Opel wechselte.

Bei der Parfümeriekette Douglas arbeitete sie ab 2017 erstmals als CEO. Sie verschlankte das Filialnetz, optimierte den Webshop und die Verkäufe über Social Media. Die Onlineumsätze stiegen schnell an und retteten die Parfümeriekette während der Corona-Lockdowns. Zudem setzte Müller vermehrt auf Luxusprodukte, die eine höhere Marge abwerfen und zahlungskräftigere Kundinnen und Kunden ansprechen.

Weleda-Produktion

Der Markt für Naturkosmetik ist zuletzt geschrumpft.

(Foto: Weleda AG)

Ende Oktober 2022 kam dann die überraschende Trennung – offiziell im „gegenseitigen Einvernehmen“. Hinter den Kulissen jedoch hieß es, dass es Streit über den weiteren Kurs gegeben habe.

Während der Douglas-Mehrheitseigentümer, die Private-Equity-Gesellschaft CVC, aufgrund der hohen Verschuldung auf stärkere Kostendisziplin gedrängt haben soll, habe Müller erwartet, die Investitionen in die Digitalisierung und das E-Commerce-Geschäft weiter fortsetzen zu können.

>> Lesen Sie hier: Warum Tina Müller die Douglas-Spitze verlässt

Müller wechselte in den Aufsichtsrat des Unternehmens und arbeitete seitdem als Investorin und Business-Angel. Sie hat sich ein Portfolio aus Beteiligungen im Gesundheits-, Mobilitäts- und Kosmetikbereich aufgebaut. Beteiligt ist sie unter anderem an der Hautarzt-App Dermanostic und an dem Hersteller von Intimpflegecreme Dr. Vivien Karl.

Mit ihrer neuen Position verlässt sie das Kontrollgremium von Douglas, denn die Produkte von Weleda stehen auch bei der Parfümeriekette in den Regalen.

Dass Weleda 2022 ein schwieriges Jahr hatte, lag hauptsächlich an Problemen im französischen Markt. Dort haben die Krankenkassen die Erstattungen für homöopathische und anthroposophische Arzneimittel eingestellt. Das bedeutete für das Unternehmen einen so starken Umsatzrückgang, dass eine Fabrik im französischen Hüningen geschlossen werden musste. 129 Arbeitsplätze gingen verloren.

Markt für Naturkosmetik steht unter Druck

Auch in der deutschen Niederlassung in Schwäbisch Gmünd, wo rund 950 Menschen beschäftigt sind, soll eine zweistellige Zahl an Stellen abgebaut werden. Der Grund sind Umstrukturierungen als Reaktion auf die Verluste im Vorjahr und ein schwieriger werdender Markt in der Naturkosmetik.

Laut Branchenmonitor Naturkosmetik ist der Umsatz in diesem Bereich 2022 in Deutschland um 3,5 Prozent auf 1,43 Milliarden Euro zurückgegangen. Das Marktforschungsunternehmen GfK beobachtet, dass wegen der Inflation viele Kunden bei Naturkosmetikprodukten zu günstigeren Eigenmarken der Händler wechseln.

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„Die Herstellermarken haben deutlich verloren“, sagt Branchenexperte Robert Kecskes von der GfK. Grund sei der hohe Preisunterschied zu den Handelsmarken.

Die künftige Weleda-Chefin Tina Müller betont jedoch: „Für Naturkosmetikprodukte sind Preissenkungen sicher nicht opportun.“ Und sie ergänzt: „Im Gegenteil: Gerade die Naturkosmetik möchte ich noch viel deutlicher im Premiumbereich positionieren.“

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