Diese Werke leiden unter Teilemangel nach Slowenien-Hochwasser

Produktion bei VW in Emden

Wegen Teilemangel soll die Fertigung an dem Standort nur noch einschichtig gefahren werden.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Wegen fehlender Motorteile könnten dem Volkswagen-Konzern in den kommenden Wochen längere Unterbrechungen in der Produktion ins Haus stehen. Grund ist ein Zulieferer in Slowenien, der seit den Überschwemmungen in dem Land kaum noch lieferfähig ist. Als realistisch gilt, dass Volkswagen in einigen seiner Werke Kurzarbeit anmeldet oder Produktionsschichten streicht. Derzeit würden verschiedene Szenarien durchgespielt, heißt es aus dem Unternehmen. „Die Lage ist volatil und kann sich täglich ändern“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage.

Konkret geht es um sogenannte Zahnradkränze der Firma KLS Ljubno in Slowenien. Das 250-Mitarbeiter-Unternehmen war von dem Hochwasser in dem ex-jugoslawischen Alpenstaat Anfang August schwer getroffen worden. Die Zahnradkränze von KLS kommen bei VW als Bauteil für den Antriebsstrang von Verbrennungsmotoren zum Einsatz.

Auch wenn die Meldungen aus Hochwassergebieten schon einige Wochen zurückliegen, scheint die Lieferkette in die deutsche Autoindustrie erst jetzt brüchig zu werden. Nach Unternehmensangaben sind mehrere VW-Mitarbeitern aus Salzgitter vor Ort, um den Zuliefererbetrieb wieder ans Laufen zu bringen. Außerdem prüft der Konzern aktuell, ob er das fehlende Motorteil über alternative Lieferanten beschaffen oder anderweitig ersetzen kann.

Teilemangel nach Slowenien-Hochwasser: Diese VW-Standorte sind bis jetzt betroffen

Im Laufe des Septembers sei damit zu rechnen, „dass nicht alle Fahrzeugwerke ausreichend beliefert werden können“, erklärt der Volkswagen-Sprecher weiter. Konkret wurden nach Handelsblatt-Informationen für folgende Standorte Einschränkungen kommuniziert oder stehen im Raum:

  • Im portugiesischen Palmela, wo VW seinen Kompakt-SUV T-Roc produziert, ist laut Unternehmensangaben geplant, dass die Bänder für mindestens drei Wochen im September stillstehen.
  • In Emden, wo der VW Passat produziert wird, wird in den kommenden zwei Wochen nur noch einschichtig produziert.
  • In Salzgitter, wo VW ein Motorenwerk unterhält, fallen ab Montag die Spät- und Nachschicht weg, wie ein Unternehmenssprecher dem Handelsblatt bestätigte.
  • Auch die Verantwortlichen in VWs größtem Komponentenwerk im nordhessischen Kassel prüfen derzeit den Einsatz von Kurzarbeit, wie das Handelsblatt aus Unternehmenskreisen erfuhr. Demnach könnte der Standort infolge des Teilemangels für mehrere Wochen bis zu einem Drittel weniger Getriebe fertigen als unter Normalbedingungen.
  • Im Stammwerk in Wolfsburg dürften mit großer Wahrscheinlichkeit die Sonderschichten auf mehreren Montagelinien wieder entfallen, die Volkswagen erst vor Kurzem angekündigt hatte.
  • Bei Skoda am Hauptsitz in Mlada Boleslav sowie in Kvasiny können ebenfalls Produktionskürzungen „derzeit nicht ausgeschlossen werden“, teilte eine Sprecherin in Tschechien mit.

Dass zu den jetzigen Ankündigungen weitere Produktionsunterbrechungen hinzukommen, gilt als wahrscheinlich. Derzeit sortieren die verschiedenen Konzernmarken die Lage, heißt es aus Wolfsburg. In ein bis zwei Wochen dürfte man dann ein klareres Bild darüber haben, welche Werke mit welchen Maßnahmen und Einschränkungen leben müssen. Im Kern geht es dabei um die Frage, wo Schichten gestrichen, Kurzarbeit angemeldet, Produktionsabläufe gestreckt und welche Modelle im Fall eines länger anhaltenden Teilemangels priorisiert werden.

KLS Ljubno-Chef: „Uns stehen Jahre des Wiederaufbaus bevor“

KLS in Slowenien

So sah der 250-Mitarbeiter-Betrieb vor dem Hochwasser Anfang August aus.

(Foto: Google Streetview)

Weil es sich bei dem fehlenden Teil um eine Motorenkomponente handelt, wirkt sich der Teilemangel ausschließlich auf die Verbrenner-Produktion bei VW aus und nicht auf die Elektro-Fertigung. Dabei dürften die Motorenwerke die ersten in der Produktionskette sein, die den momentanen Ausfall zu spüren bekommen. Neben Salzgitter betriebt der VW-Konzern weitere Motorenwerke in Chemnitz, Polkowice in Polen und Györ in Ungarn.

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KLS Ljubno hat seinen Hauptsitz in einem Industriepark direkt an der Savinja, einem Nebenfluss der Save. Die Produktionsanlagen sollen bei dem Hochwasser vollständig zerstört worden sein. Lokale Medien schätzen den Sachsachen in dem Betrieb auf bis zu 50 Millionen Euro, die wirtschaftlichen Folgen dürften indes gravierender sein. „Uns stehen Jahre des Wiederaufbaus bevor, wir werden die Fabrik quasi von Grund auf neu aufbauen müssen“, sagte der Eigentümer des Unternehmens der slowenischen Presseagentur STA kurz nach dem Hochwasser.

Der Volkswagen-Konzern als Europas größter Autobauer hatte angesichts einer schwachen Nachfrage vor allem bei Elektroautos seine Absatzziele für das Gesamtjahr zuletzt gesenkt. So sollen 2023 zwischen neun und 9,5 Millionen Fahrzeuge an Kunden ausgeliefert werden. Bisher waren die Wolfsburger von rund 9,5 Millionen Einheiten ausgegangen, nach 8,3 Millionen im Vorjahr.

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