DFB-Star spricht offen über mentale Probleme | Sport

Matthias ­Ginter ­(29) absolvierte in der vergangenen Saison jedes Spiel für den SC Freiburg, machte insgesamt über 50 Partien. Ein Gespräch über Potenzial, mentale Probleme und die Nationalmannschaft.

BILD am SONNTAG: Herr Ginter, Sie haben in der letzten Saison über 50 Spiele gemacht und sind jetzt schon wieder mitten in der Vorbereitung. Konnten Sie überhaupt abschalten?

Matthias Ginter: Es waren tatsächlich knapp vier Wochen, es gab auch oft schon deutlich kürzeren Urlaub in meiner Karriere. Dementsprechend habe ich die Zeit mit der Familie genossen und konnte gut abschalten. Ein paar Tage geht es auch immer mal komplett ohne Fußball gut, dann trainiert man aber wieder für sich und bekommt einiges mit. Und spätestens dann will ich wieder voll angreifen. (lacht)

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Das gelang mit dem SC Freiburg zuletzt ausgezeichnet. Spielen Sie in einem Top-6-Klub der Bundesliga?

Das sagen zumindest die letzten beiden Spielzeiten aus, ja. Unsere Leistungen waren kein glücklicher Zufall, die Bundesliga ist der fairste Wettbewerb. Wir haben uns den Anspruch, wieder oben mitzumischen, erarbeitet. Trotzdem verlieren wir nicht den Boden unter den Füßen und wissen, dass es schnell mal anders aussehen kann. Die Situation bringt immerhin auch Gefahren mit sich.

Welche genau meinen Sie? Immerhin wurde bis auf Torwart Mark Flekken kein Leistungsträger abgegeben.

Das stimmt, das kann ein großer Vorteil sein. Man könnte aber auch sagen, dass bei mehreren Spielerwechseln frische Impulse gesetzt werden. Ein Mittelweg ist, glaube ich, gut, zwei Neuzugänge sind schon da und viele gute junge Spieler aus unserer zweiten Mannschaft. Außerdem hat das Transferfenster ja noch ein bisschen auf. Und auch der Trainer weiß genau, wie er auch so frische Energie reinbringen kann.

Ginter: „Jeder einzelne Charakter ist gefragt“

Sie sprechen Christian Streich an, haben unter ihm schon zu Beginn seiner Trainer-Karriere in Freiburg gespielt, jetzt erneut. Wo hat er sich noch mal verbessert?

Christian Streich war immer schon auf einem extrem hohen Level. Er hat eigentlich alles, trotzdem habe ich in der letzten Saison gemerkt, dass er sich in vielen Bereichen noch mal weiterentwickelt hat. Er setzt seine Emotionalität noch besser ein, er hört noch besser in die Mannschaft rein. Taktisch muss er sich sowieso vor niemandem verstecken.

Während Sie in Freiburg eine äußerst erfolgreiche Zeit durchleben, läuft es im Nationalteam aktuell überhaupt nicht rund. Wie können Sie diese Krise überwinden?

Wir müssen zusammenhalten, uns selbst schützen. Vor allem jetzt, wenn in der Öffentlichkeit der Sturm tobt. Es kann sehr schnell gehen, ich durfte früher bei der Nationalmannschaft zum Glück schon ein paar Höhen miterleben, dafür lohnt es sich. Ich glaube fest daran, dass wir es schaffen werden. Es wird aber nur als Einheit gehen, jeder einzelne Charakter ist gefragt, sich voll in den Dienst der Mannschaft zu stellen und füreinander einzustehen. Das müssen wir bedingungslos vorleben, auf dem Platz, aber auch daneben.

Was meinen Sie mit neben dem Platz? So etwas wie die deutlichen Aussagen von Bundestrainer Hansi Flick in den letzten Tagen?

Ja, zum Beispiel. Er stellt sich vor die Mannschaft, das hilft, um den gemeinsamen Kern zu stärken. Das heißt übrigens nicht, dass wir Kritik nicht annehmen. Sie ist wichtig und größtenteils angebracht.

Ihr alter Kollege Nils Petersen hat in seiner Biografie über anhaltende psychische Probleme während seiner Karriere geschrieben. Wussten Sie davon?

Nein, ich wusste es nicht. Aber in diesem Geschäft gibt es, glaube ich, für jeden Spieler auch immer mal Täler, die man durchlaufen muss. Deswegen kann ich Nils gut verstehen und finde es auch gut, wie offen er darüber spricht.

Sie auch?

Wie gesagt, jeder Spieler hat auch mal schwierige Phasen. Natürlich war das bei mir nicht anders.

Können Sie ausführen, wie sich das bemerkbar gemacht hat?

Das können Verletzungen, eigene Fehler oder genereller Misserfolg sein. Für mich ging es dann immer darum, noch mal mehr an mir zu arbeiten als sowieso schon, noch mal draufzupacken, um diese Tiefen so kurz wie möglich zu halten. Auch wenn es sich in solchen Phasen nie gut anfühlt, kann man daraus sehr viel lernen und wichtige Erfahrungen sammeln.

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Quelle: DAZN; IG: rfskmae, Twitter: @GFFN

Ginter: „Wir haben eine unglaubliche Bereitschaft, noch besser zu werden“

Und das wäre?

Wenn man so eine Phase mal überwunden hat, kann das einem helfen, danach besser mit Rückschlägen umzugehen. Man ist nicht gleich verunsichert, ob man da je wieder rauskommt, sondern ist stabil und weiß aufgrund der Erfahrung, dass einen so schnell nichts aus der Bahn wirft. Natürlich lernt man auch positive Erlebnisse, wie jetzt mit Freiburg, umso mehr wertzuschätzen.

Dann verraten Sie doch zum Schluss noch, wohin Ihre Reise mit Freiburg und der Nationalmannschaft in dieser Saison hingehen soll.

Es warten viele Herausforderungen, aber auch wahnsinnig viele Chancen, wieder eine gute Rolle in den jeweiligen Wettbewerben zu spielen. Wir haben in Freiburg eine unglaubliche Bereitschaft, noch besser zu werden. Das wollen wir einmal mehr unter Beweis stellen. Und mit der Nationalmannschaft hoffe ich, dass wir uns als richtige Einheit zeigen und damit bei der EM voll angreifen werden.

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