EU-Rat präzisiert Anwendungsbereich und Verantwortlichkeiten im Produkthaftungsregelwerk


Ein neuer Ratstext zur überarbeiteten Produkthaftungsrichtlinie, der EURACTIV vorliegt, stellt Software stärker in den Anwendungsbereich, klärt das Konzept der Herstellerkontrolle und versucht, die nationale Fragmentierung zu begrenzen.

Die schwedische Präsidentschaft des EU-Ministerrates hat am Donnerstag (9. März) einen Kompromisstext zur Produkthaftungsrichtlinie vorgelegt, einem Legislativvorschlag zur Aktualisierung des EU-Haftungsrahmens aus den 1980er Jahren, um ihn auf den neuesten Stand digitaler Technologien zu bringen.

Das Haftungsregime definiert, unter welchen Voraussetzungen jemand, der durch ein fehlerhaftes Produkt einen Schaden erlitten hat, den Hersteller des Produkts auf Schadensersatz verklagen kann.

Der Text wird am kommenden Freitag (17. März) in der Arbeitsgruppe „Zivilrechtliche Angelegenheiten“ erörtert, einem Fachgremium des Rates, das sich mit zivilrechtlichen Haftungsfragen befasst.

Umfang

Im gesamten Text wurden Verweise auf den effektiven Verbraucherschutz durch den Schutz natürlicher Personen ersetzt. Dies ist weiter gefasst, da die Person, die den Schaden erlitten hat, möglicherweise nicht unbedingt dieselbe ist, die das Produkt gekauft hat.

Darüber hinaus gilt das Recht auf Schadensersatz für eine geschädigte Person unabhängig von dem Schaden, der direkt aufgrund der Fehlerhaftigkeit eines Produkts oder durch die Verletzung einer anderen Person entstanden ist.

Der Text wurde an ein aktuelles Non-Paper der Europäischen Kommission angepasst, in dem klargestellt wurde, dass Software, die enthalten ist, wenn sie als „as-a-Service“-Modell wie Netflix oder Microsoft 365 bereitgestellt wird, als Produkt betrachtet wird und daher in den Anwendungsbereich fällt.

Ebenso wurden auch die damit verbundenen digitalen Dienste, die in das Produkt integriert oder miteinander verbunden sind, besser definiert als beispielsweise Verkehrsdaten für ein Navigationssystem oder ein Temperaturkontrolldienst, der die Funktion eines intelligenten Kühlschranks überwacht.

Der Kompromiss stellt klar, dass die Richtlinie nicht für Open-Source-Software gilt, da es sich per Definition nicht um ein Produkt handelt, das auf den Markt gebracht, sondern kostenlos entwickelt und bereitgestellt wird.

Herstellerkontrolle

Hersteller können nur dann für einen damit verbundenen Dienst oder andere Komponenten haftbar gemacht werden, wenn sie ihrer Kontrolle unterliegen, wie z. B. die Einführung eines Software-Updates für integrierte oder mit dem Produkt verbundene Elemente.

Der Text stellt klar, dass die Hersteller nicht nur dann die Kontrolle haben, wenn sie eine damit verbundene Dienstleistung oder Komponente des Produkts direkt liefern, sondern auch, wenn der Lieferant ein vereinbarter Dritter ist.

Das angeführte Beispiel besagt, dass Hersteller von Smart-TVs weiterhin haften würden, wenn ihr Produkt eine Videoanwendung enthält, die von der Website eines Drittanbieters heruntergeladen werden muss, was zu einem Schaden aufgrund einer Mangelhaftigkeit führt.

Mit anderen Worten würde sowohl der Dritte, der ein fehlerhaftes Bauteil herstellt, als auch der Hersteller des Gesamtprodukts haftbar gemacht, wenn dieser der Lieferung durch den Dritten ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat.

Die Präsidentschaft hat elektronische Kommunikationsdienste im Sinne des Europäischen Kodex für elektronische Kommunikation wie Internetzugang, Messaging-Apps und Rundfunk vom Konzept der verwandten Dienste ausgeschlossen.

Harmonisierte Interpretation

In den vorangegangenen Kompromiss hat der schwedische Ratsvorsitz einen Artikel über Schäden eingefügt, was gewissermaßen andeutet, dass das nationale Recht das Recht auf Ersatz von immateriellen Schäden einführen könnte, die aus den unter die Richtlinie fallenden Schäden resultieren.

Diese Formulierung sorgte auf nationaler Ebene für Befürchtungen vor einem Scope Creep, da die Produkthaftungsrichtlinie nur Sachschäden abdecken sollte. Das wäre besonders relevant für Künstliche Intelligenz, da Menschen beispielsweise die KI-Entwickler verklagen könnten, wenn ihr System sie diskriminiert.

Der betreffende Absatz wurde leicht gekürzt, der Hinweis auf immaterielle Schäden bleibt jedoch erhalten. Die Präambel des Textes legt jedoch fest, dass „jenseits der durch diese Richtlinie geregelten Angelegenheiten nationale Verfahrensvorschriften gelten sollten, sofern sie die Wirksamkeit und die Ziele des Haftungssystems, das diese Richtlinie vorsieht, nicht untergraben“.

Um die EU-weit einheitliche Auslegung der neuen Produkthaftungsrichtlinie zu gewährleisten, wurde außerdem eine Bestimmung hinzugefügt, nach der Berufungsgerichte und oberste Gerichte verpflichtet sind, die entsprechenden Urteile zu veröffentlichen.

In Bezug auf die Bestimmungen zur Anwendung oder Reduzierung der Haftung gegenüber einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern stellt das Dokument fest, dass diese die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf das Beitrags- oder Regressrecht nicht berühren.

Zeitrahmen

Der Gesetzesvorschlag sieht eine Frist für die gerichtlichen Schadensersatzklagen der Hersteller für ihr Produkt auf 10 Jahre nach dem Inverkehrbringen vor, verlängert auf 15 Jahre bei langsam auftretenden Symptomen.

Der Kompromiss stellt klar, dass dieser Zeitrahmen zurückgesetzt wird, wenn wesentliche Änderungen an einem Produkt vorgenommen werden, da dies effektiv als neues auf den Markt gebrachtes Produkt angesehen werden kann.

Der Geltungsbeginn der neuen Haftungsregelungen wurde auf zwei Jahre nach Inkrafttreten verschoben. Ebenso haben sich die Mitgliedstaaten statt eines Jahres zwei statt eines Jahres gegeben, um die Richtlinie in ihren nationalen Rechtsrahmen umzusetzen.

[Edited by Alice Taylor]



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