Die Batterie, die niemals leer wird


Menschen sind komplex Maschinen mit beweglichen Teilen, die sich biegen, quetschen, dehnen, fließen, zittern und schlagen. Wissenschaftler schließen nun diese Energiequellen an, um ein häufiges Problem zu lösen, das Sensoren, Wearables und implantierte medizinische Geräte betrifft – die gefürchtete leere Batterie.

Geräte mit eigener Stromversorgung könnten die Lösung sein, und Forscher haben entdeckt, dass der menschliche Körper selbst eine praktische Energiequelle sein kann – gerade rechtzeitig, um den explodierenden Markt für Wearables mit Strom zu versorgen. „Elektrozeutika“ beginnen, Pharmazeutika in der Medizin herauszufordern, sodass immer mehr Menschen auf Geräte wie implantierte Elektrostimulatoren und Herzschrittmacher angewiesen sein werden, um gesund zu bleiben.

„Biobatterien“ und Energy Scavenging könnten diese Geräte energieautark machen, wodurch die Notwendigkeit einer invasiven Operation zum Ersetzen leerer Batterien entfällt. Als Bonus würde diese drahtlose Welt verhindern, dass sich implantierte Ladekabel lösen oder infiziert werden – Probleme, die heute allzu häufig sind.

Wissenschaftler arbeiten seit den frühen 2000er Jahren an körperbetriebenen Geräten – bis jetzt war die Technologie zu energiehungrig für die winzigen Mengen an Elektrizität, die von Menschen gewonnen werden können. Aber nach zwei Jahrzehnten des Fortschritts verbrauchen die heutigen Geräte extrem wenig Energie und öffnen das Tor zu unzähligen Ideen und Prototypen, die von den Menschen angetrieben werden.

Ein zellulares Kraftpaket

Ihre Zellen sind im Grunde Batterien – biochemische, die zuckerhaltigen Brennstoff in Energie umwandeln. Deutsches Startup CELTRO zapft diese lebendige Energiequelle an, indem es Anordnungen von Mikronadeln verwendet, um winzige Energiemengen aus Hunderttausenden von Zellen zu gewinnen. Das erste Produkt von CELTRO wird ein winziger autonomer Herzschrittmacher sein. „Eine Muskelkontraktion beginnt wie das Herz an einem Punkt und breitet sich dann durch den gesamten Herzmuskel aus“, sagt CEO und Mitbegründer Gerd Teepe. „Unsere Idee war es, an mehreren Stellen Energie zu ernten, um diesen Lawineneffekt zu nutzen.“ Die multifunktionalen Mikronadeln werden nicht nur Energie gewinnen, sondern auch in Herzgewebe eingesteckt, um das Herz zu überwachen und bei Bedarf einen hilfreichen elektrischen Impuls zur Wiederherstellung der Stimulation zu liefern. Im Jahr 2021 sammelte CELTRO Startkapital für laborbasierte Proof-of-Concept-Studien.

Brennstoffzellen aus Papier

Französisches Startup BeFC baut Biobatterien mit grünen Referenzen. Seine Brennstoffzelle verwendet Schichten aus Kohlenstoff, Zellulose und Glukose sowie eine Prise proprietärer Enzyme. Das Hinzufügen eines Tropfens Flüssigkeit – sagen wir Blut oder Urin – löst eine Reaktion aus, die Elektrizität erzeugt. Die Papierpflaster könnten Einweg-Diagnosegeräte und Sensoren zur kontinuierlichen Überwachung, wie z. B. Glukose-Überwachungskits für Menschen mit Diabetes, mit Strom versorgen. Nach Gebrauch können die Zellen sogar kompostiert werden – im Gegensatz zu anderen Miniaturbatterien, die schließlich entsorgt oder verbrannt werden. BeFC beschafft derzeit eine Serie-A-Finanzierung und geht davon aus, 2024 mit seinen ersten Produkten auf den Markt zu kommen.

Mein zitterndes Herz

In Paris ansässig CAIRDAC entwickelt einen Herzschrittmacher, der vom Herzen selbst angetrieben wird. Sein kabelloser Herzschrittmacher ist in eine Kapsel gepackt, die einen piezoelektrischen Energiesammler enthält – ein Pendel, das durch Herzschläge, Blutfluss und Vibrationen schwingt. Die Schwingungen werden in Strom umgewandelt und gespeichert, bis das Gerät erkennt, dass das Herz einen Ruck braucht, um den Rhythmus neu einzustellen. Das Start-up hat kürzlich 17 Millionen Euro (rund 18,3 Millionen US-Dollar) in einer Serie-A-Finanzierung aufgebracht, um die präklinischen Tests fortzusetzen und Versuche am Menschen voranzutreiben.

Innenbeleuchtung

Sonnenkollektoren werden zu einem alltäglichen Anblick in Haushalten, und sie könnten bald auch die Medizintechnik beleuchten. Forscher der Monash University in Melbourne, Australien, haben herausgefunden, dass ein Solarmodul, das unter der Haut platziert wird, immer noch bis zu 10 Prozent so viel Strom liefert wie eines bei direkter Sonneneinstrahlung – genug, um einen Sensor mit extrem niedrigem Verbrauch mit Strom zu versorgen. Ein paar Stunden in der Sonne können einen implantierbaren Temperatursensor 24 Stunden lang betreiben, und die Forscher sagen, dass der beste Platz dafür zwischen Nacken und Schulter ist.

Das hydroelektrische Herz

Laut Forschern der Universität Bern in der Schweiz könnten Miniturbinen den Blutfluss nutzen und in Strom umwandeln. Sie haben eine torpedoförmige Turbine entworfen, die in ein Blutgefäß im Herzen implantiert werden könnte und aus dem Blutfluss Strom erzeugt, ähnlich wie in einem Wasserkraftwerk. Eine große, noch ungelöste Herausforderung besteht darin, die Bildung von Blutgerinnseln auf den Schaufeln der Turbine zu vermeiden, aber in Laborsimulationen erzeugte die Turbine genug Energie, um handelsübliche leitungslose Herzschrittmacher anzutreiben.

Piezo-Patches

Italienisches Startup PiezoSkin sagt, dass es ein ultradünnes piezoelektrisches Hautpflaster entwickelt hat, das gleichzeitig Bewegungen messen und Strom daraus ziehen kann. In einer Studie wurde das Pflaster verwendet, um Nackenbewegungen bei Menschen mit Dysphagie oder Schluckbeschwerden zu überwachen – aber der biokompatible Film des Unternehmens könnte auch Energie aus anderen Körperbewegungen und Vibrationen für Sensoren und Wearables gewinnen.

Die Hitze spüren

Menschen strahlen pro Tag rund 100 Watt an thermischer Energie ab, so das Schweizer Startup Mithras, könnte die Nutzung dieser Wärme tragbare Biosensoren und sogar implantierte Geräte mit Strom versorgen. Seine thermoelektrischen Generatoren, sogenannte TEGs, erzeugen Strom, indem sie den Temperaturunterschied zwischen Körper und Umgebung ausnutzen. Mithras schätzt, dass bei einem Unterschied von 5 Grad Celsius ein 12 Quadratzentimeter großes TEG-Hautpflaster ein Cochlea-Implantat vollständig mit Strom versorgen könnte.

Dieser Artikel wurde ursprünglich in der Ausgabe Januar/Februar 2023 des Magazins WIRED UK veröffentlicht.

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