Der Prozess gegen eine rechtsextreme Gruppe in Deutschland, die wegen Putschversuchs angeklagt ist, beginnt

Die ersten Mitglieder einer rechtsextremen Gruppe, die angeblich einen Angriff auf das deutsche Parlament und einen Sturz der Regierung geplant haben soll, werden am Montag in Stuttgart vor Gericht gestellt.

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Neun mutmaßliche Teilnehmer des Putschversuchs werden im ersten Verfahren Stellung beziehen, das in dem weitläufigen Gerichtsverfahren eröffnet wird, das auf drei Gerichte in drei Städten aufgeteilt ist.

Den Verdächtigen wird vorgeworfen, am „militärischen Arm“ der Organisation des Kleinadligen und Unternehmers Fürst Heinrich XIII. Reuß beteiligt gewesen zu sein.

Bei der mutmaßlichen Verschwörung handelt es sich um den aufsehenerregendsten Fall rechtsextremer Gewalt in jüngster Zeit, die sich laut offiziellen Angaben zur größten extremistischen Bedrohung in Deutschland entwickelt hat.

Die von Reuss geführte Organisation war eine vielseitige Mischung von Charakteren und umfasste unter anderem einen ehemaligen Soldaten der Spezialeinheit, einen ehemaligen rechtsextremen Abgeordneten, einen Astrologen und einen bekannten Koch.

Im zweiten der drei Fälle wird Reuss zusammen mit anderen mutmaßlichen hochrangigen Mitgliedern der Gruppe Ende Mai in Frankfurt vor Gericht stehen.

Die Gruppe wollte ihn nach der geplanten Machtübernahme als Staatsoberhaupt einsetzen.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft vertraten die mutmaßlichen Verschwörer eine Mischung aus „Verschwörungsmythen“, die aus der globalen QAnon-Bewegung und der deutschen Reichsbürgerszene stammten.

Zur Reichsbürgerbewegung gehören Rechtsextremisten und Waffenbegeisterte, die die Legitimität der modernen deutschen Republik ablehnen.

Ihre Anhänger glauben im Allgemeinen an den Fortbestand des Deutschen Reiches vor dem Ersten Weltkrieg unter einer Monarchie, und mehrere Gruppen haben ihre eigenen Staaten erklärt.

Getrieben würden solche Reichsbürgergruppen vom „Hass auf unsere Demokratie“, sagte Innenministerin Nancy Faeser am Sonntag in Berlin.

„Wir werden unser hartes Vorgehen so lange fortsetzen, bis wir die militanten ‚Reichsbürger‘-Strukturen vollständig aufgedeckt und abgebaut haben“, fügte sie hinzu.

„Verräterisches Unterfangen“

Laut Ermittlern teilte Reuss‘ Gruppe die Überzeugung, dass Deutschland von Mitgliedern eines „tiefen Staates“ regiert werde und dass das Land mit Hilfe einer geheimen internationalen Allianz befreit werden könne.

Den neun Männern, die in Stuttgart vor Gericht stehen, wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, im Rahmen des Reichsbürgerkomplotts ein „verräterisches Unterfangen“ vorbereitet zu haben.

Als Teil der Gruppe soll es ihr Ziel gewesen sein, „die bestehende staatliche Ordnung gewaltsam zu beseitigen“ und durch eigene Institutionen zu ersetzen.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden die Angehörigen des militärischen Arms mit der Gründung, Versorgung und Rekrutierung neuer Mitglieder für „Territoriale Verteidigungsunternehmen“ beauftragt.

Zu den Angeklagten gehört auch ein Spezialeinheitssoldat, der datenschutzrechtlich nur als Andreas M. identifiziert wurde und dessen Zugang zur Erkundung von Kasernen genutzt haben soll.

Andere waren angeblich für die IT-Systeme der Gruppe verantwortlich oder hatten die Aufgabe, mit der fiktiven Untergrund-„Allianz“ zusammenzuarbeiten, von der sie glaubten, dass sie den Verschwörern bei Beginn des Putsches zu Hilfe eilen würde.

Zu den neun gehört auch Alexander Q., dem von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen wird, als Propagandist der Gruppe aufzutreten und Verschwörungstheorien über die Messaging-App Telegram zu verbreiten.

Den beiden Angeklagten Markus L. und Ralf S. werden neben dem Vorwurf des Landesverrats auch Waffendelikte vorgeworfen.

Markus L. wird außerdem versuchter Mord vorgeworfen, weil er bei einer Razzia an seiner Adresse im März 2023 ein Sturmgewehr auf Polizisten gerichtet und zwei Beamte verletzt haben soll.

Bei Razzien in ganz Deutschland im Dezember 2022 schritt die Polizei ein, um den Großteil der Gruppe festzunehmen, und die Anklage wurde Ende letzten Jahres erhoben.

Dreiteiliger Prozess

Das Verfahren in Stuttgart soll bis Anfang 2025 andauern.

Insgesamt werden in dem Großverfahren gegen das Extremistennetzwerk 26 Personen angeklagt, die Prozesse sollen auch in München und Frankfurt eröffnet werden.

Reuss wird ab dem 21. Mai in Frankfurt vor Gericht stehen, zusammen mit einem weiteren Rädelsführer, einem ehemaligen Armeeoffizier, der als Rüdiger-Vizepräsident identifiziert wurde, und einer ehemaligen Abgeordneten der rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland (AfD), Birgit Malsack-Winkemann.

Die Reichsbürgergruppe hatte angeblich einen „Rat“ organisiert, um nach ihrem geplanten Putsch die Führung zu übernehmen, wobei die Beamten warnten, dass die Vorbereitungen in einem fortgeschrittenen Stadium seien.

Die mutmaßlichen Verschwörer verfügten laut Bundesanwaltschaft über Mittel in Höhe von 500.000 Euro und ein „riesiges Waffenarsenal“.

Anhänger von Reichsbürger-ähnlichen Verschwörungen, die lange Zeit als Unzufriedene und Sonderlinge abgetan wurden, haben sich in den letzten Jahren zunehmend radikalisiert und gelten als wachsende Sicherheitsbedrohung.

Anfang dieses Monats hat die Polizei einen neuen Verdächtigen im Zusammenhang mit einem weiteren Putschversuch angeklagt.

Den Ermittlern zufolge planten die Verschwörer, frustriert über die Beschränkungen aus der Pandemiezeit, die Entführung des deutschen Gesundheitsministers.

Fünf weitere mutmaßliche Mitverschwörer dieses Komplotts standen im vergangenen Mai in Koblenz vor Gericht.

(AFP)

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