Berlin will vor der Weltklimakonferenz ein „Klimagesetz“ erarbeiten


Die deutsche Regierung beabsichtigt, ein umfassendes Klimanotfallprogramm vorzulegen, um die Mängel des Landes vor der COP27 in Ägypten zu beheben, wie interne Dokumente von EURACTIV zeigen.

„Insgesamt das Tempo [of climate action] muss sich bis Mitte dieses Jahrzehnts mehr als verdoppeln und bis 2030 dann fast verdreifachen“, heißt es in dem Dokument.

Für die neu eingesetzte Bundesregierung ist es die erste Conference of Parties (COP), die jährliche Klimakonferenz der Vereinten Nationen, an der Nationen und Aktivisten teilnehmen.

Außenministerin Annalena Baerbock, zuständig für die internationale Klimadiplomatie des Landes, ernannte Anfang 2022 die frühere Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan zur engagierten Gesandten.

Allerdings hat Berlins jüngste Erfolgsbilanz seine Position geschwächt: Deutschland reaktiviert Kohlekraftwerke, will in neue Gasfelder investieren und verfehlt die heimischen Klimaziele in verschiedenen Sektoren.

Daher senkt Baerbock bereits jetzt die Erwartungen für die COP27. „In diesen Zeiten ist es kein Selbstläufer, dass es ein abschließendes Dokument geben wird“, sagte sie am 19. Oktober vor deutschen Abgeordneten.

Um zu zeigen, dass Deutschland mehr als nur Gerede ist, drängt das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auf ein Paket von Sofortmaßnahmen, um das Ziel für 2030 zu erreichen, die Emissionen von 1990 um 65 % zu reduzieren.

Vor diesem Hintergrund will die Regierung mehrere Transformationsfahrpläne für die Sektoren Gebäude, Verkehr, Energie, Landwirtschaft und Abfall.

Die meisten der aufgeführten Maßnahmen sind bereits in Kraft oder wurden zuvor angekündigt. Das Klimanotstandspaket als solches ist eher eine Liste von Verpflichtungen, die die deutschen Maßnahmen deutlich vor dem Beginn der COP27 am 6. November ausbuchstabieren.

Aber eine der vielen Achillesfersen Deutschlands dürfte der Verkehrssektor sein.

Transport im Rückstand

„Im Verkehrssektor besteht großer klimapolitischer Handlungsbedarf“, warnt das interne Regierungsdokument. Im Jahr 2021 hat der deutsche Verkehrssektor 148 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente emittiert, die bis 2030 auf 85 Millionen Tonnen reduziert werden müssen.

2021 hat der Verkehrssektor sein Klimaziel um 3 Millionen Tonnen verfehlt. Die anschließenden Sofortmaßnahmen von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) wurden von unabhängigen Experten und Experten gleichermaßen als „bedauerlich unzureichend“ eingestuft.

Nun, obwohl die Bundesregierung an einer Reihe zusätzlicher Maßnahmen arbeitet, bleibt eine CO2-Emissionslücke von 118 bis 175 Millionen Tonnen. Diese Lücke ist doppelt so groß wie die gesamten jährlichen Emissionen Belgiens.

Im Frühjahr 2023 will Berlin weitere Maßnahmen vorstellen. Besonders umstritten in der Regierung sind ein mögliches Tempolimit auf der Autobahn sowie das unausweichliche Ende von Benzin- und Dieselautos, die beide bei den liberalen FDP-Regierungsministern unbeliebt sind.

Energie, Gebäude, Industrie

Der Energiesektor, der 2021 247 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen hat, muss auf 108 Millionen Tonnen sinken. Um dies zu erreichen, hat Deutschland im Frühjahr 2022 einen umfassenden Umbau seines Stromsektors vorgenommen, der 2023 in Kraft treten wird.

Für 2030 strebt die Regierung 80 % Strom aus erneuerbaren Energien an. Dazu sollen auch das neue Energieeffizienzgesetz und das neue Onshore-Windrecht beitragen, in dem Raumplaner verpflichtet sind, Flächen für Windenergieanlagen abzutreten.

Im Gebäudesektor müssen die Emissionen von 2021 von 115 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten bis 2030 auf jährliche Emissionen von 67 Millionen Tonnen reduziert werden. Der Sektor ist historisch gesehen ein Nachzügler und hat sein Ziel für 2020 bereits verfehlt.

Maßnahmen zur Lösung des Problems wurden im Juli von EURACTIV gemeldet. Dazu gehören höhere Effizienzstandards für Neubauten, ein Verbot neuer rein fossiler Heizgeräte ab 2024 und die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie.

Die Bekämpfung der leistungsschwächsten Gebäude ist sowohl für die EU-Gebäuderichtlinie als auch für die staatliche Finanzierung von zentraler Bedeutung, wobei die leistungsschwächsten Gebäude wahrscheinlich besonders günstige Förderbedingungen erhalten werden.

Der Industriesektor muss von 181 Millionen Tonnen jährlicher CO2-Äquivalent-Emissionen auf 118 Millionen Tonnen steigen. Die deutsche Industrie steht vor einer „fundamentalen Transformation“ zur Dekarbonisierung.

Im Mittelpunkt ihrer Bemühungen stehen die Elektrifizierung und die Nutzung von „grünem“ Wasserstoff, stellt das interne Papier fest. Diese neuen, sauberen Technologien sind tendenziell teurer als ihre Gegenstücke auf fossiler Basis.

Um die Lücke zu schließen, wird Berlin in erster Linie „Carbon Contracts for Difference“ schaffen. Die Idee stammt von einer früheren Regierung; die Ausführung ist neu.

Diese Verträge legen einen sogenannten „Ausübungspreis“ fest, der deutlich über dem Kohlenstoffpreis der EU liegt, wobei die Differenz zwischen den Preisen an Unternehmen ausgezahlt wird, um sicherzustellen, dass sie so schnell wie möglich in saubere Technologien investieren.

Das Programm wird „grundsätzlich offen für alle Technologien“ sein, was bedeutet, dass es „auch Anlagen zur Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2 umfassen kann“.

Der Agrarsektor hat im Jahr 2021 61 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente emittiert. Da sie bereits zwischen 2010 und 2019 zurückgegangen sind, ist der Sektor theoretisch sehr gut auf Kurs. „Dennoch soll die Transformation der Branche konsequent vorangetrieben werden“, heißt es in einem internen Dokument.

Im Landnutzungssektor (LULUCF) sollten zuvor angekündigte Maßnahmen wie die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen, nachhaltigere landwirtschaftliche Praktiken und die Wiedervernässung von Feuchtgebieten die positive Klimawirkung des Sektors erhöhen.

Von negativen Emissionen von 11,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent im Jahr 2021 strebt die Regierung negative 25 Millionen Tonnen im Jahr 2030 an.

[Edited by Nathalie Weatherald]



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