Chip-Start-up drängt in die deutsche Industrie

Krishna Rangasayee mit eigenem Chip

Der Chef des kalifornischen Start-ups Sima.ai hat den weltweit führenden Auftragsfertiger TSMC als Investor gewonnen.

(Foto: SiMa)

Stuttgart San José, Bangalore – und die Friedrichstraße 15 in Stuttgart: Das kalifornische Start-up Sima.ai will mit seinen Chips für das maschinelle Lernen die Welt erobern. Im Silicon Valley und in Indien sitzen die Entwickler von Firmengründer Krishna Rangasayee. Ob sich die Halbleiter indes in der Industrie durchsetzen, entscheidet sich auch im neuen Büro der US-Firma am Neckar.

Rangasayees Kalkül: Wenn es ihm gelingt, die peniblen schwäbischen Konzerne als Kunden zu gewinnen, stehen ihm die Türen überall offen.

In der Halbleiterbranche genießt der 53-Jährige bereits einen hervorragenden Ruf. So konnte der Unternehmer kürzlich einen prominenten Investor an Bord holen. „Wir haben ein zusätzliches Investment von der Venture Tech Alliance über 13 Millionen Dollar gewonnen“, sagte Rangasayee dem Handelsblatt. Hinter dem Wagniskapitalgeber verbirgt sich TSMC aus Taiwan, der weltgrößte Auftragsfertiger von Chips.

Sima.ai fertigt beim Technologieführer

13 Millionen Dollar sind für den Konzern mit einem Quartalsgewinn von zuletzt knapp sechs Milliarden Dollar zwar wenig. Aber eine Beteiligung des Technologieführers der Branche ist für Sima.ai in vielerlei Hinsicht wertvoll. Denn keine andere Firma weltweit verfügt über derart fortschrittliche Produktionsverfahren.

Das Engagement von TSMC kommt für die Firma zu einem günstigen Zeitpunkt: „Wir starten jetzt die Serienproduktion“, erläuterte Rangasayee, der bei den Taiwanern fertigen lässt. Es gebe bereits erste Umsätze mit 50 Kunden weltweit. Insgesamt haben die Kalifornier eigenen Angaben zufolge nun 200 Millionen Euro eingesammelt. Zum Vergleich: Europas wertvollstes Chip-Start-up, Graphcore aus England, kommt auf gut 700 Millionen.

Fabrik von TSMC in China

Der weltgrößte Auftragsfertiger der Chipindustrie beteiligt sich über einen Fonds an Sima.ai.

(Foto: Future Publishing/Getty Images)

Rangasayee ist überzeugt, dass er den wohl leistungsfähigsten Chip mit Software für Künstliche Intelligenz (KI) im Angebot hat. „Der Schlüssel ist, Software und Chip perfekt zusammen zu entwickeln“, sagt der Gründer. Mit seinem KI-Algorithmus lassen sich Industrieroboter, Drohnen, Sicherheitskameras und später selbstfahrende Autos steuern.

Mit dem neuen Chip könnten Daten mit der zehnfachen Geschwindigkeit konventioneller KI-Chips verarbeitet werden, behauptet Rangasayee, und das bei einem deutlich reduzierten Stromverbrauch.

Fokus auf Software als größter Vorteil

Fachleute sehen den Fokus auf die Software als größten Pluspunkt. „Jeder halbwegs begabte Programmierer kann sofort damit loslegen“, meint Peter Fintl, Chipexperte der Beratungsgesellschaft Capgemini. Das sei ein Ansatz, „der in die Zeit passt“. Denn inzwischen entscheide nicht zuletzt die Software, ob ein Chip sich am Markt durchsetze.

Der Chip soll maßgeblich den Durchbruch von KI im „Internet der Dinge“, also bei vernetzten Geräten, bringen. Mit seinen Grafikprozessoren dominiert Nvidia das Geschäft für KI-Anwendungen in Rechenzentren.

Für die sogenannten „Edge Devices“, also Kameras, Roboter oder Fahrzeuge, sind diese Halbleiter aber nicht recht geeignet. Dafür sind die sogenannten GPUs zu teuer und stromhungrig. Edge-Computing gilt als einer der kommenden Megatrends. Dabei ist die KI direkt in den Geräten verbaut und nicht auf Rechenzentren angewiesen.

Vor gut vier Jahren startete der Stanford-Absolvent Rangasayee Sima.ai. In den jüngsten öffentlich dokumentierten Leistungsvergleichen schnitt der Chip des Unternehmens 50 Prozent besser ab als Nvidia, die bislang als das Maß aller Dinge für Hochleistungschips gelten.

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Es lockt ein großes Geschäft: Die Marktforscher von Gartner rechnen mit 112 Milliarden Dollar Umsatz, den die Hersteller in vier Jahren mit KI-Chips erzielen werden. Das ist fast dreimal so viel wie 2022.

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Als eine Art Eintrittskarte für Sima in der deutschen Industrie nutzt Rangasayee sein sogenanntes Test-Kit. Auf der flachen, weißen Schachtel im Apple-Stil steht „Evaluation Board“, drinnen ist ein kleiner grauer Kasten, der den Prozessor enthält. Ohne Probleme, schlichtweg mit „plug and play“, sollen die Kunden die Leistungsfähigkeit des Chips testen. Das Gerät soll so anwenderfreundlich sein, dass zum Beispiel Autozulieferer nicht erst zahlreiche KI-Spezialisten einstellen müssen.

Sima.ai zählt ein Dutzend Käufer in Deutschland

„In Deutschland haben wir zehn bis zwölf Kunden“, sagt Harald Kröger, früherer Topmanager bei Mercedes und Bosch und heute Teil des Managements von Sima.ai. Er soll mit seinen Kontakten in die Branche den Chip in der Autoindustrie bekannt machen. „Wir spüren großes Interesse“, betont Kröger. Auch mit einigen Mittelständlern gebe es erste Kontakte.

Gut möglich, dass Sima in ein paar Jahren in Deutschland nicht nur Chips verkauft, sondern auch produzieren lässt. Der neue Anteilseigner TSMC jedenfalls erwägt, in Dresden eine Fabrik zu bauen.

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