Chefin des Schweizer Rüstungskonzerns Ruag muss gehen

Kampfpanzer Leopard 2 der Schweizer Armee

Die Schweiz hat ihre Neutralität in der Verfassung festgeschrieben, weswegen Exporte von Waffen und Munition in Kriegsgebiete grundsätzlich verboten sind.

(Foto: IMAGO/Björn Trotzki)

Zürich Die Chefin des staatlichen Schweizer Rüstungskonzerns Ruag, Brigitte Beck, muss zurücktreten. Beck werde das Unternehmen mit sofortiger Wirkung verlassen, teilte die Ruag-Holding am Montag in Bern mit. Der Rüstungskonzern zieht damit personelle Konsequenzen aus den Differenzen zwischen der Unternehmensführung und dem Schweizer Verteidigungsministerium.

Beck hatte die Weigerung der Schweiz, den Weiterexport von Waffen und Munition in die Ukraine zu genehmigen, mehrfach öffentlich kritisiert und damit eine Kontroverse ausgelöst. Die Entscheidung sei im Zusammenhang mit öffentlichen Auftritten der Managerin im Frühjahr 2023 gefallen, erklärte das Unternehmen weiter. Der Verwaltungsrat, das Aufsichtsgremium, sei zu dem Schluss gekommen, dass sich die Kontroverse nur durch einen Führungswechsel lösen ließe.

Ihr Aus besiegelte Beck mit Aussagen bei einer Podiumsdiskussion zum Schweizer Neutralitätsgesetz im Mai. Teile der Aufzeichnung waren auch im Schweizer Fernsehen zu sehen. Dabei sagte sie mit Blick auf EU-Länder, die vor dem Krieg Waffen und Munition in der Schweiz gekauft haben und diese nun gern in die Ukraine schicken würden: „Liefert doch dieses Zeug in die Ukraine. Was würden wir tun? Nichts.“

In der Schweiz wurden die Aussagen Becks als Aufruf interpretiert, sich über eidgenössische Exportbeschränkungen hinwegzusetzen. Als neutrales Land verbietet die Schweiz die Ausfuhr von Waffen und Munition in Kriegsgebiete.

Länder, die Rüstungsgüter aus der Schweiz importieren, verpflichten sich in der Regel, diese Waffen nicht weiterzugeben oder vorher zumindest eine Genehmigung der eidgenössischen Regierung einzuholen. Initiativen des Parlaments, die strikten Regeln aufzuweichen, waren bislang erfolglos.

Exportverbote sorgen für Dauerstreit

Auch dem Ruag-Konzern hatte die strikte Neutralitätspolitik immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. So hatte das Unternehmen vor einigen Jahren in Italien 96 ausgemusterte Leopard-1-Panzer angekauft. Die Panzer waren zuvor nie in der Schweiz. Trotzdem wies die Regierung in Bern eine Anfrage des deutschen Verteidigungsministeriums ab, die Panzer zur Reparatur nach Deutschland zu importieren und danach in die Ukraine zu schicken.

Brigitte Beck

Die Chefin des Staatskonzerns muss wegen kritischer Äußerungen zur strikten Haltung der Schweiz bei Waffenexporten zurücktreten.

(Foto: Ruag)

Ähnliche Querelen gab es bereits um Munition aus Schweizer Produktion für den Luftabwehrpanzer Gepard. Die Ukraine ist dringend auf den Gepard angewiesen, etwa um russische Drohnenangriffe auf die Energieinfrastruktur oder zivile Ziele abzuwehren. Doch die Geschosse werden knapp.

Die Bundeswehr verfügt noch über Munitionsbestände, die in der Schweiz produziert wurden – doch eine Weitergabe ist tabu. Der Dauerstreit belastet seit Monaten die Beziehungen der Schweiz zu den westlichen Partnern, einschließlich der USA.

Immerhin: Im September könnte das Schweizer Parlament grünes Licht für die Teilnahme des Landes an einer Art nachträglichem Ringtausch geben. Die eidgenössische Armee hat Leopard-2-Panzer ausgemustert. Diese könnten in europäische Partnerländer geliefert werden, die ihrerseits bereits moderne Kampfpanzer in die Ukraine geschickt haben. Auch bei diesem Deal steht der staatliche Rüstungskonzern Ruag im Mittelpunkt – in Zukunft allerdings nicht mehr mit Brigitte Beck an der Spitze.

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