Bafin moniert „gewichtige Mängel“ bei der DWP Bank – CEO unter Druck

Frankfurt Nach einer 61 Millionen Euro teuren Buchungspanne steigt der Druck auf die Deutsche Wertpapier Service Bank (DWP). Sie gehört den deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken gemeinsam.

Die Finanzaufsicht Bafin hat bei einer Sonderprüfung gewichtige Mängel bei dem Institut festgestellt. Die Bank bestätigt entsprechende Handelsblatt-Recherchen.

Die von der Bafin festgestellten Mängel seien zwar nicht so schwerwiegend, dass die Finanzaufsicht deshalb die Abberufung von DWP-Vorstandsmitgliedern fordere, sagten mehrere mit dem Thema vertraute Personen. Nichtsdestotrotz steige der Druck auf den DWP-Vorstand.

Einige Anteilseigner hielten personelle Veränderungen für nötig, auch unabhängig von der Buchungspanne, sagten mehrere Insider. Eine Ablösung von Vorstandschef Heiko Beck sei wahrscheinlich. Es liefen bereits Sondierungen, wer seine Nachfolge antreten könne.

Ein Sprecher der Bank erklärte dagegen, im DWP-Vorstand seien keine personellen Änderungen geplant. Die Buchungspanne sei nicht nur von der Bafin untersucht worden, sondern auch von der internen Revision und der Beratungsgesellschaft Deloitte, die von Vorstand und Aufsichtsrat beauftragt worden war.

„Alle Berichte kommen zu dem Ergebnis, dass das fehlerhafte Börsengeschäft aufgrund einer untypischen Konstellation mehrerer ungünstiger externer Faktoren zustande gekommen ist“, erklärte der DWP-Sprecher.

Vorstandschef Beck sieht deshalb keinen Bedarf für personelle Konsequenzen. „Es gibt keinen Anlass für personalrechtliche oder strafrechtliche Maßnahmen in der DWP Bank, da mitverursachende Gründe vor allem auf Prozess- und Kontrollebene lagen“, sagte er der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Bafin kritisiert Prozesse und Kontrollsysteme

Die DWP wickelt für zahlreiche Geldhäuser Wertpapiertransaktionen ab und kümmert sich um die Verwahrung der Papiere. Sie hat damit für den gesamten deutschen Bankensektor eine große Bedeutung.

Nach der Buchungspanne Ende 2022 habe die Bafin eine Sonderprüfung im Bereich Kapitalmaßnahmen bei der DWP durchgeführt, erklärte die Bank. In ihrem anschließend verfassten Prüfbericht habe die Bafin „auch einzelne von ihr als gewichtig eingestufte Mängel“ bei der DWP identifiziert. Schwerwiegende Mängel habe es nicht gegeben.

Bei einer Überprüfung von Banken durch die Finanzaufsicht reicht die Bewertungsskala von „keine Mängel“ („F0“) bis „schwergewichtige Mängel“ („F4“). Die bei der DWP identifizierten gewichtigen Mängel („F3“) sind die zweitschlechteste Beurteilung.

„Die Prüfer haben in der DWP Bank Bereiche identifiziert, in denen einzelne Prozesse nicht planmäßig abgelaufen sind und durch zusätzliche Kontrollmechanismen noch sicherer ausgestaltet werden sollten, darunter Kontrollmechanismen bei der Durchführung von Kapitalmaßnahmen“, erklärte das Institut.

„Schon unmittelbar nach dem Vorfall im Dezember 2022 hat die DWP Bank daher weitere, risikoreduzierende Maßnahmen im Bereich der Kapitalmaßnahmen umgesetzt, um auch extrem seltene Vorfälle wie diesen bestmöglich auszuschließen.“

Finanzkreisen zufolge will die Bafin die Mängel und die Anweisung, diese zu beseitigen, auch noch auf ihrer Internetseite veröffentlichen. Bis dies geschehe, werde allerdings noch einige Zeit vergehen. Die Bafin wollte sich zu dem Thema nicht äußern.

Fehler bei einer Rohstoff-Wette kostet Millionen

Bei der Buchungspanne Ende Dezember ging es um eine eher selten gehandelte Schuldverschreibung (ETC), mit der ein Anleger mit einem großen Hebel auf die Wertentwicklung von Rohstoffen wettete.

Der Kunde hatte diesen ETC nach Angaben der DWP im Dezember für einen vierstelligen Betrag erworben. Anschließend kam es zu einem sogenannten Reverse Split, bei der eine Vielzahl von Stücken eines Wertpapiers zu einem einzigen Stück zusammengefasst wird.

Durch diesen Reverse Split änderte sich der Wert des ETCs im Depot massiv, die Stückzahl wurde aber nicht angepasst. Die DWP musste in der Folge innerhalb kürzester Zeit zu einem hohen Preis Hunderttausende Stücke des seltenen Wertpapiers nachkaufen, um die anschließende Verkaufsorder des Kunden korrekt ausführen zu können.

Das ganze kostete die DWP 61,1 Millionen Euro. Der Vorsteuergewinn brach deshalb im vergangenen Jahr um 97 Prozent auf 1,9 Millionen Euro ein.

Der Vorfall sei auch deshalb möglich gewesen, weil der Wechsel von Wertpapierkennnummern bei Reverse Splits bei internationalen Papieren damals nicht zwingend gewesen sei, erklärte die DWP. Die Bank habe sich deshalb „über internationale Gremien erfolgreich für eine verpflichtende Änderung eingesetzt, sodass eine Wiederholung auch für andere Marktteilnehmer weitgehend ausgeschlossen ist“.

Deka will DWP-Anteile von Sparkassen übernehmen

Die DWP versorgt nach eigenen Angaben gut zwei Drittel der in Deutschland ansässigen Kreditinstitute mit Wertpapierdienstleistungen. Sie gehört jeweils zur Hälfte dem genossenschaftlichen und dem öffentlichen-rechtlichen Finanzverbund.

Während alle Anteile der Genossen bei der DZ Bank gebündelt sind, sind sie auf öffentlich-rechtlicher Seite auf fünf Institute verteilt. Die größten Anteilseigner sind dabei der rheinische und der westfälische Sparkassenverband mit jeweils 20 Prozent. Die Landesbanken BayernLB und Helaba halten je 3,75 Prozent, der Fondsanbieter Deka hält 2,5 Prozent.

Unter den öffentlich-rechtlichen Instituten gibt es Finanzkreisen zufolge Gespräche darüber, alle Anteile bei der Deka zu bündeln. So könne der Sektor seine Interessen besser vertreten. Das Projekt laufe schon länger und habe nichts zu tun mit der Buchungspanne. Ob es zu einer Einigung komme, hänge vor allem davon ab, ob sich alle Beteiligten auf einen Preis verständigen könnten.

Für die Deka wäre eine Aufstockung strategisch sinnvoll, argumentieren öffentlich-rechtliche Banker. Das Wertpapierhaus der Sparkassen wolle schließlich mehr Geschäfte an die DWP auslagern. Die Deka wollte sich zu dem Thema nicht äußern.

Mehr: Inflation und Preiskampf: Einlagen bei Sparkassen und Volksbanken sinken.

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