San Francisco, Peking China ist das mit Abstand wichtigste Absatz- und Produktionsland für Apple. Nun könnte das Geschäft für den iPhone-Konzern in der Volksrepublik deutlich schwieriger werden.
Die Staatsführung in Peking plant offenbar, die dienstliche Nutzung von iPhones sowie Smartphones ausländischer Hersteller in bestimmten staatlichen Einrichtungen und Unternehmen zu untersagen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg und bestätigt damit einen früheren Bericht des „Wall Street Journal“ sowie der Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“.
Eine offizielle Bestätigung aus Peking gab es bislang nicht. Auch griff keines der großen chinesischen Medien das Thema auf. Lediglich in Onlineforen berichteten einige User, dass ihr Arbeitgeber die Nutzung von iPhones oder anderen Smartphones ausländischer Hersteller untersagt habe.
China ist der wichtigste Wachstumstreiber für Apple. Der US-Konzern selbst hat aufgehört, Absatzzahlen für das iPhone zu veröffentlichen. Für das Gesamtjahr 2022 wird die Zahl der verkauften Geräte auf rund 225 Millionen geschätzt.
Apple-Chef Tim Cook schwärmte vom Geschäft mit China
Die Bank of America geht davon aus, dass rund 50 Millionen der Geräte in der Volksrepublik abgesetzt wurden. Apple-Chef Tim Cook hatte bei der Vorstellung der jüngsten Quartalszahlen vom Geschäft in China geschwärmt.
Noch nie sei es Apple gelungen, so viele Kunden zum Wechsel von einem anderen Smartphone-Hersteller zum iPhone zu bewegen. „Wir haben einen Rekord aufgestellt“, sagte Cook. „Das war das Herzstück unserer Ergebnisse dort.“
Medienberichten zufolge haben nun mehrere chinesische Behörden Mitarbeiter angewiesen, ihre iPhones nicht mit zur Arbeit zu bringen. Darüber hinaus beabsichtigt Peking, diese Beschränkung auf eine Vielzahl staatlicher Unternehmen und anderer von der Regierung kontrollierter Organisationen auszuweiten, berichtet Bloomberg mit Verweis auf Insider.
Ein weitreichendes Verbot wäre der bisherige Höhepunkt des Versuchs Pekings, in sensiblen Bereichen nur noch heimische Hard- und Software einzusetzen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Staatsführung Regierungsbehörden und Staatsunternehmen aufgefordert, bis 2024 ausländische Computer durch inländische Fabrikate zu ersetzen.
Auch Aufrufe an Beamte, Smartphones nichtchinesischer Hersteller nicht dienstlich zu nutzen, gab es bereits früher. Unklar ist bislang, wie strikt die nun offenbar erfolgte Anweisung umgesetzt wird, ab wann, sowie für welche Einrichtungen sie gelten soll und welche Mitarbeiter betroffen sind.
Striktes Apple-Verbot hätte weitreichende Folgen
Ein striktes dienstliches Nutzungsverbot könnte für Apple jedoch weitreichende Folgen haben. Die Auswirkungen eines Verbots für Beamte und Regierungsorganisationen beziffert die Bank of America mit fünf bis zehn Millionen Geräten.
Die Beschränkungen könnten aber auch auf Staatsbetriebe ausgeweitet werden und hätten dann deutlich größere Auswirkungen, rechnet Analyst Toni Sacconaghi von der Investmentbank Bernstein vor. Er geht dabei von mindestens zwölf Millionen Geräten im Jahr aus.
Die indirekten Auswirkungen eines Nutzungsverbots für Beamte seien aber deutlich gravierender, argumentiert Sacconaghi. „Die eingeschränkte Nutzung von iPhones durch Regierungsangestellte könnte sich negativ auf Verkäufe unter Verbrauchern auswirken.“ Auch Familienmitglieder von Beamten könnten nicht mehr mit iPhones gesehen werden wollen.
Da iPhones oft nur der Einstieg in das System von Apple sind, könnte das Unternehmen weitere Auswirkungen zu spüren bekommen. Demnach könne Apple auch weniger Zubehör oder weniger kostenpflichtige Zusatzdienste verkaufen.
Sacconaghi wertete die Entwicklung in China als möglichen Vorboten von weiteren Einschränkungen. „Ein China-Verbot für iPhones könnte einen ersten Schritt in einem eskalierenden Handelskrieg mit China signalisieren“, schrieb der Analyst. Darunter würde Apple weiter leiden.
Bereits 2018 hatten die USA ihren Behörden untersagt, Geräte des chinesischen IT-Ausrüsters und Smartphone-Herstellers Huawei zu beziehen. 2019 belegte der damalige US-Präsident Donald Trump Huawei mit strengen Sanktionen und schnitt das chinesische Unternehmen von wichtigen Hightech-Chips ab. Dennoch ist es Huawei gelungen, jüngst ein Smartphone auf den Markt zu bringen, das den modernen Mobilfunkstandard 5G unterstützt.
Neues iPhone 15 soll am Dienstag vorgestellt werden
Die Nachrichten um ein mögliches Nutzungsverbot treffen Apple in einer wichtigen Phase. Für kommende Woche Dienstag hat der Konzern zu einer Veranstaltung in die Firmenzentrale in Cupertino geladen. Dort dürfte das neue iPhone 15 in vermutlich vier unterschiedlichen Varianten vorgestellt werden.
Branchenexperten vermuten, dass es beschränkte Verbesserungen zur Vorgängergeneration bieten wird. Ein wesentlicher Unterschied könnte der Einsatz des USB-C-Anschlusses anstatt eines herstellergebundenen Formats von Apple sein. Die EU-Kommission hatte Apple dazu gedrängt, sich wie andere Smartphone-Hersteller dem Standard anzuschließen.
Apple zählt weltweit laut Berechnungen des Marktforschers Counterpoint Research rund 1,2 Milliarden iPhone-Nutzer. Allein im Jahresendquartal mit dem wichtigen Weihnachtsgeschäft werde Apple vermutlich 78 Millionen Geräte verkaufen können, prognostizierte Counterpoint. Damit könnte Apple beim Verkaufsvolumen erstmals am Rivalen Samsung vorbeiziehen.
Apple-Chef Cook hat sich in den vergangenen Jahren sehr um ein gutes Verhältnis zu Peking bemüht. Bei seinem Besuch in der chinesischen Hauptstadt im Frühjahr betonte er, Apple und China seien gemeinsam gewachsen. Er sprach von einer „symbiotischen Beziehung“. Nach eigenen Schätzungen hat Apple bis zu fünf Millionen Jobs in der Volksrepublik geschaffen.
Dabei ist Cook in den vergangenen Jahren durchaus Kompromisse eingegangen, um den Zugang zu dem wichtigen Markt zu sichern. So folgte er unter anderem der Forderung der Staatsführung, chinesische Cloud-Dienste für Apple-Angebote in China zu nutzen, also die Daten vor Ort zu speichern. Dieser Schritt war von Menschenrechtsaktivisten stark kritisiert worden, da er die Sicherheit von Daten von Regierungskritikern gefährdet.
China bis heute wichtigster Produktionsstandort für Apple
Zudem schränkte Apple im vergangenen Jahr die Airdrop-Funktion in China stark ein. Die Möglichkeit, Daten mit iPhone-Nutzern in der Umgebung zu teilen, war von der Demokratie-Bewegung in Hongkong stark genutzt worden, um Informationen zu verbreiten.
Während sich der US-Suchmaschinenbetreiber Google aus China zurückgezogen hatte und beispielsweise seinen E-Mail-Dienst Gmail sehr stark vor chinesischer Spionage schützt, hatte Cook daran gearbeitet, China zum wichtigsten Absatzmarkt für Apple zu machen. Mehr noch: Bis heute ist China auch der wichtigste Produktionsstandort für Apple. Mehr als 90 Prozent aller hergestellten iPhones sollen laut Branchenanalysen in China gefertigt werden.
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Erstpublikation: 08.09.2023, 04:00 Uhr (zuletzt aktualisiert: 08.09.2023, 07:11 Uhr).