Anleger werten die schwache Börse als Einstiegschance

Bulle und Bär

Das Anlegersentiment ist vom Extremwert von minus 6,3 Punkten in der Vorwoche auf nur noch minus 3,6 leicht angestiegen.

(Foto: dpa)

Düsseldorf In Deutschland wächst die Bereitschaft der Anleger, wieder auf steigende Kurse zu setzen. Das zeigen das Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart und die Auswertung der Handelsblattumfrage Dax-Sentiment. Für den Sentimentexperten Stephan Heibel ist damit „die Gefahr einer negativen Überraschung in Deutschland, die den Dax unter Druck setzen könnte, wieder angewachsen“.

Das Euwax-Sentiment der Privatanleger ist auf plus 6,5 Prozent gestiegen, es handelt sich um das höchste Niveau seit einem Jahr. Positive Werte zeigen: Es sind mittlerweile wieder mehr Call- als Put-Hebelprodukte auf den Dax in den Depots der Privatanleger.

Und beim Dax-Sentiment liegen sowohl der Zukunftsoptimismus, also die Erwartung an den Dax-Trend in drei Monaten, als auch die Investitionsbereitschaft auf einem hohen Niveau. Der Nachteil: Sollte der Kurs des deutschen Leitindex in den kommenden Tagen und Wochen ins Rutschen kommen, dürften die neuen Käufer schnell die Seite wechseln und verkaufen.

Ganz anders ist die Lage in den USA. Auch dort bewerten Anleger wie in Deutschland die aktuelle Börsensituation als schlecht, doch die Reaktion ist gegensätzlich. Hierzulande werten die Investoren die schwache Börse als Kaufgelegenheit, jenseits des Atlantiks sichern sich die Börsianer mit sogenannten Leerverkäufen gegen weitere Kursverluste ab.

„In den USA hingegen scheinen Anleger auf das Schlimmste gefasst zu sein“, erläutert Heibel. Negative Meldungen dürften dort kaum zu einem nachhaltigen Ausverkauf oder gar zu Panik führen, weil die Anleger sich darauf vorbereitet haben. „Damit haben die US-Börsen aktuell eine wesentlich bessere Ausgangslage“, erläutert er.

Bei Leerverkäufen kauft ein Anleger ein Short-Produkt. Dabei wird zunächst der Basiswert verkauft. Beim Schließen der Leerposition muss der Wert wieder zurückgekauft werden, was den Kurs eher steigen lässt. Also werden Leerpositionen durch Aktienkäufe aufgelöst, die einen Ausverkauf an den Aktienmärkten bremsen.

Unterschiedliche politische Rahmenbedingungen

Zuvor gab es wochenlang eine diametral unterschiedliche Stimmungslage bei den Anlegern in den jeweiligen Ländern. Eine vergleichsweise positivere Stimmung in den USA hat dem Dow-Jones-Index in den vergangenen zwölf Wochen zu einem Plus von drei Prozent verholfen, während die negative Stimmung in Deutschland dem Dax ein Minus von zwei Prozent bescherte.

Grafik

Heibel führt das auf die unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen zurück. Seiner Meinung nach hat es den Anschein, dass die US-Geldpolitik mit weiteren Zinserhöhungen die Inflation eindämmen will. Das könnte nun vielleicht zu einem kurzfristigen wirtschaftlichen Rückschlag führen, auf den sich Anleger vorbereiten.

In Europa hingegen wurden geldpolitische Maßnahmen nur zögerlich eingesetzt, und so hoffen nun viele Anleger auf eine vielleicht frühzeitige Beendigung. Doch das könnte für eine negative Überraschung sorgen, sollte sich die Inflation nicht so einfach zurückdrängen lassen.

Bei der vergangenen Handelsblattumfrage Dax-Sentiment vor einer Woche hatte Heibel nach den deutlichen Verlusten eine Gegenbewegung prognostiziert, weil Angst und Panik unter den Anlegern herrschten. Panik gilt als Kontraindikator, weil dann viele Anleger bereits verkauft haben.

Diese Gegenbewegung gab es zunächst auch, doch zum Ende der vergangenen Woche hielten sich die Anleger vor der Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell in Jackson Hole zurück. Doch wie hat sich diese Entwicklung auf die Stimmung der Anleger niedergeschlagen?

Die detaillierten Umfragedaten

Das Anlegersentiment ist vom Extremwert von minus 6,3 Punkten in der Vorwoche auf nur noch minus 3,6 leicht angestiegen. Damit ist das Sentiment zwar noch lange nicht positiv, aber immerhin weniger negativ.

Ganz ähnlich sieht es mit der Verunsicherung aus, die von minus 5,6 in der Vorwoche auf minus 3,6 leicht angestiegen ist. Noch immer sind Anleger stark verunsichert, aber eben nicht mehr ganz so stark wie noch vor einer Woche.

Die Zukunftserwartung, die Erwartungen an den Dax-Trend in drei Monaten, hält sich stabil auf dem hohen Niveau von plus 4,2 Punkten. Unter den Umfrageteilnehmern dominiert ganz klar der Optimismus. Und so zeigt auch die hohe Investitionsbereitschaft von plus 2,6, dass Anleger derzeit nach günstigen Aktien Ausschau halten.

Institutionelle Anleger, die sich über die Frankfurter Terminbörse Eurex absichern, haben hingegen Put-Absicherungen zugekauft. Das Put/Call-Verhältnis ist auf plus 1,9 Prozent gestiegen.

In den USA ist das Put/Call-Verhältnis an der Chicagoer Terminbörse CBOE ebenfalls leicht angestiegen. Die Investitionsquote der US-Fondsmanager ist auf nur noch 34 Prozent eingebrochen. Noch vor einer Woche hatte die Investitionsquote bei 60 Prozent in einem durchschnittlichen Bereich gelegen. Ein so starker Richtungswechsel ist selten.

Auch die Bulle/Bär-Differenz der US-Privatanleger ist deutlich eingebrochen und notiert nun wieder bei minus 3,6 Prozentpunkten. Erstmals seit dem Frühjahr haben die Bären mit einem Anteil von 36 Prozent wieder die Oberhand über die Bullen mit nur noch 32 Prozent zurückgewonnen.

Der anhand technischer Marktdaten berechnete „Angst-und-Gier-Indikator“ der US-Aktienmärkte zeigt mit einem Wert von 43 Prozent moderate Angst an.

Sie wollen an der Umfrage teilnehmen? Dann lassen Sie sich automatisch über den Start der Sentimentumfrage informieren, und melden Sie sich für den Dax-Sentiment-Newsletter an. Die Umfrage startet jeden Freitagmorgen und endet Sonntagmittag.

Mehr: Diese zehn Fehler machen Anleger aus Sicht der Börsenpsychologen.

source site-15