Anleger vermissen deutlichere Worte von Notenbankern

Frankfurt Der Dax zeigt am Freitag im Tagesverlauf Schwäche. Der deutsche Leitindex bewegt sich zwischen 0,2 und 0,7 Prozent im Minus. Am Mittag liegt das Börsenbarometer um 0,5 Prozent unter dem Vortagesniveau bei 15.899 Punkten und bleibt damit vorerst weiter unter der vielbeachteten Marke von 16.000 Punkten. Für den MDax der mittelgroßen Unternehmen geht es ebenfalls leicht nach unten. Der Euro-Zonen-Leitindex sackt um ein Prozent ab.

Die Erleichterung über eine weniger als erwartet gestiegene Inflation in USA im Juli konnte die Laune der Anleger nur kurz aufhellen. Viele hatten offenbar deutlichere Aussagen der US-Notenbanker erwartet. „Ich denke, der Markt hatte angesichts der Inflationsdaten gehofft, dass die Fed-Sprecher sagen würden, dass eine weitere Zinserhöhung unwahrscheinlich ist und der nächste Schritt eine Zinssenkung sein wird“, sagte Andrew Lilley, Chef-Zinsstratege der Investmentbank Barrenjoey in Sydney, gegenüber Reuters.

Nach wie vor sorgen sich die Investoren, dass die Zentralbanken ihre Zwei-Prozent-Inflationsziele mittelfristig nicht erreichen und doch noch weiter an den Zinsschrauben drehen. Die US-Notenbank Fed schaue besonders auf die Entwicklung der Preise für Dienstleistungen, die etwas stärker als erwartet gestiegen seien, erklärt Jeremy Batstone-Carr, Europa-Stratege bei der US-Investmentbank Raymond James, die neuerlich schwächeren Aktienkurse.

Dennoch rechnen Investoren nach den US-Inflationszahlen nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 Prozent damit, dass die Fed im September ein weiteres Mal ihren Leitzins anhebt. Anleger sind allerdings nach wie vor besorgt über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft und mögliche weitere Zinsschritte der Europäischen Zentralbank.

Die Verbraucherpreise in den USA stiegen im Juli im Jahresvergleich um 3,2 Prozent, etwas weniger als von Analysten erwartet. Im Monatsvergleich blieb der Preisniveauanstieg bei 0,2 Prozent. Die Kerninflation, die die Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, sank leicht von 4,8 auf 4,7 Prozent.

In China litten die Aktien erneut unter schlechten Nachrichten aus dem Bausektor. Das riesige Bauunternehmen Country-Garden kämpft mit seinen Schulden und prognostizierte einen Nettoverlust von 7,6 Milliarden US-Dollar. Ein Index für Bauunternehmen auf dem chinesischen Festland fiel um 2,3 Prozent auf ein fast dreiwöchiges Tief.

Der Hongkonger Hang-Seng-Index sank um 0,9 Prozent. Der CSI-300-Index für die wichtigsten Aktien des chinesischen Festlands verlor sogar 2,3 Prozent. Die Börse in Tokio blieb wegen eines Feiertags geschlossen.

Wichtige Konjunkturdaten aus den USA erwartet

Investoren warten nun auf wichtige US-Konjunkturdaten, unter anderem auf das Verbrauchervertrauen der Universität Michigan. Vom Datenanbieter Refinitiv befragte Experten erwarten beim vorläufigen Wert einen Rückgang auf 71,0 im August nach 71,6 Punkten im Juli. Zur Veröffentlichung stehen zudem die US-Produktionspreise an.

Die britische Wirtschaft hat im Frühjahr indes unerwartet etwas zugelegt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von April bis Juni um 0,2 Prozent zum Vorquartal, wie das nationale Statistikamt ONS am Freitag mitteilte. Ökonomen hatten nur mit einer Stagnation gerechnet. Steigende Zinsen und eine immer noch hohe Inflation lasten auf der Wirtschaft in Großbritannien, die zu Jahresbeginn minimal um 0,1 Prozent gewachsen war. Allein im Juni kletterte das BIP spürbar um 0,5 Prozent zum Vormonat und damit mehr als doppelt so stark wie gedacht. Der britische Aktienmarkt reagierte zunächst mit leichten Verlusten, nachdem das britische Pfund etwas angezogen hatte. Später erholte sich der Leitindex FTSE 100 wieder.

Am Ölmarkt legten die Preise indes zu. Ein 159-Liter-Fass der Nordsee-Rohölsorte Brent und der US-Sorte WTI lagen im Tagesverlauf jeweils 0,6 Prozent im Plus bei rund 88 US-Dollar beziehungsweise 84 US-Dollar. Das Ölkartell Opec erwartet für dieses Quartal ein globales Angebotsdefizit von mehr als zwei Millionen Barrel Öl pro Tag. Grund seien die jüngsten Kürzungen der Fördermengen durch wichtige Produzenten wie Saudi-Arabien, hieß es im Opec-Monatsbericht am Donnerstag

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Aus deutscher Sicht beschäftigen Anleger am Freitag zahlreiche Geschäftszahlen von Firmen aus der zweiten und dritten Reihe.

Blick auf Einzelwerte

Bechtle: Die Aktien des schwäbischen IT-Dienstleisters springen im Tagesverlauf um mehr als sechs Prozent nach oben. Bechtle hat am Freitag mit seinen Geschäftszahlen die Erwartungen der Analysten übertroffen und seinen Jahresausblick bestätigt. Das Unternehmen aus dem MDax will seinen Absatz im Gesamtjahr um fünf bis zehn Prozent steigern.

Varta: Gefragt nach Zahlen waren etwa die Aktien des Batterieherstellers aus dem SDax, die im Tagesverlauf um rund elf Prozent zulegten. Varta traut sich nach dem schleppend laufenden aktuellen Geschäftsjahr im kommenden Jahr stärkeres Wachstum zu. Durch die Belebung des Geschäfts in wichtigen Bereichen erwarte der Vorstand 2024 einen Umsatz von deutlich mehr als 900 Millionen Euro, teilte Varta am Freitag mit. Vielversprechend sei das Geschäft mit Energiespeichern und mit Lithium-Ionen-Produkten.

Salzgitter: Unter Druck gerieten die Papiere des Stahlkochers aus dem Kleinwerteindex nach den Quartalszahlen. Die Aktien verloren knapp zwei Prozent. Das Unternehmen aus dem Kleinwerteindex berichtet für das erste Halbjahr einen Vorsteuergewinn von 242,6 Millionen Euro, nach 970,5 Millionen Euro ein Jahr zuvor.

Die Analysten der Bank Baader Helvea erkennen „keine positiven Impulse im Halbjahresbericht“. Das härtere Konjunkturumfeld habe den Vorsteuergewinn unter das erwartete Niveau gedrückt, erläutern die Analysten. Sinkende Nachfrage aus der Industrie, etwa aus dem Bau, von Haushaltgeräteherstellern sowie Maschinenbauern, machten Salzgitter zu schaffen.

Metro: Nach schlechter als erwarteten Quartalszahlen verliert die Aktie des Großhandelskonzerns aus dem SDax am Freitag bis zu knapp drei Prozent. Der bereinigte Vorsteuergewinn ist gegenüber dem Vorjahresquartal gesunken auf 332 Millionen Euro, nach 441 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Der Nettogewinn betrug 174 Millionen Euro nach einem Verlust ein Jahr zuvor von 290 Millionen Euro. Metro steigerte den Gewinn dank des Verkaufs seines Geschäfts in Indien deutlich.

Zudem stellt sich der Großhändler nicht auf eine Zusammenarbeit mit der französischen Kette Casino ein, bei der ein Konsortium des Metro-Großaktionärs Daniel Kretinsky nach der Mehrheit greift. „Er hat nicht an unsere Tür geklopft“, sagte Metro-Chef Steffen Greubel am Freitag in einer Telefonkonferenz auf die Frage, ob der tschechische Investor sich bei Metro wegen möglicher Synergien mit Casino gemeldet habe. „Es gibt keine aktive Konversation zwischen Herrn Kretinsky und uns bezüglich möglicher Themen Richtung Casino“, betonte der Metro-Chef.

Kretinskys EP Global Commerce kontrolliert über 45 Prozent der Metro-Aktien. Es gebe auch große Unterschiede im Geschäftsmodell eines Großhändlers wie Metro und einer Supermarktkette, sagte Greubel.

UBS: Um rund fünf Prozent legte die Aktie der Schweizer Großbank UBS zu. Die Bank teilte mit, dass sie keine Staatsgarantie benötige für die Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse.

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