Allianz aus 7 Autokonzernen will Tesla bei Ladesäulen in den USA verdrängen

Schnelllader von Mercedes

Der Hersteller hat bereits eigene Schnellladestationen in den USA angekündigt, nun verbündet er sich mit sechs weiteren Konzernen, um ein gemeinsames Netz aufzubauen.

Wien Ohne eine gute Ladeinfrastruktur ist das beste Elektroauto wertlos. Tesla hat das früh erkannt und sich mit seinen Superchargern einen Wettbewerbsvorteil erarbeitet. Nun zieht die Konkurrenz nach und will den Elektroautopionier übertrumpfen. Sieben etablierte Fahrzeughersteller aus Europa, Japan, Korea und den USA planen, gemeinsam das führende Netzwerk für schnelles Laden in Nordamerika aufzubauen.

Dafür wollen BMW, Mercedes-Benz, General Motors, Honda, Hyundai, Kia und die Opel-Mutter Stellantis im Laufe des Jahres ein Joint Venture gründen, wie die Konzerne am Mittwoch bekanntgaben. Noch steht zwar noch nicht einmal der Name der Gemeinschaftsfirma fest, dafür aber das übergeordnete Ziel.

Konkret will die ungewöhnliche Allianz bis Ende des Jahrzehnts „mindestens 30.000 Ladepunkte“ in den USA und Kanada errichten. Angedacht ist damit das wohl größte Netz an Schnellladesäulen in Nordamerika. Zum Vergleich: Tesla hat bis jetzt in den USA etwa 18.000 Supercharger errichtet, wie Daten des amerikanischen Energieministeriums zeigen.

Der zweitgrößte Anbieter von Schnellladesäulen ist derzeit die VW-Tochter Electrify America mit mehr als 3600 Schnellladern. VW musste sich 2017 im Zuge des Dieselskandals verpflichten, zwei Milliarden Dollar in die Ladefirma zu investieren. Was damals eine Bürde war, ist heute ein Asset. Weitere größere Anbieter in den USA sind EVGo und Chargepoint mit 2400 und 1900 Schnellladesäulen.

Um die Betreiber der aktuell größten Ladeparks in den USA einzuholen, will das Konsortium der sieben Autoriesen mehrere Milliarden Euro in den kommenden Jahren investieren, erklären Insider übereinstimmend. Die Hersteller selbst nennen keine Summe. Die gleichberechtigten Partner betonen jedoch, auch Fördergelder anzapfen zu wollen, ohne Details zu erläutern.

Ladesäulen sollen für alle nutzbar sein

Die erste Ladestation soll im Sommer 2024 in den USA entstehen, etwas später soll eine weitere in Kanada folgen. An jedem Ladestandort sollen künftig mehrere DC-Schnellladesäulen zur Verfügung stehen. Diese sollen zu hundert Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energien gespeist werden.

Angedacht ist, dass batterieelektrische Fahrzeuge von allen Marken an den Standorten laden können, nicht nur jene der Joint-Venture-Partner. Dafür werden die Säulen mit Steckern für Teslas Ladestandard NACS ebenso bestückt wie mit dem konkurrierenden Standard CCS.

Die Ladestationen werden entlang wichtiger Autobahnen, Verbindungskorridore und Urlaubsrouten aufgebaut und sollen möglichst überdacht sein. Im selben Gebäude oder in direkter Nähe sollen zudem Toiletten erreichbar sein, ebenso Restaurants und Geschäfte.

>> Lesen Sie außerdem: Der Supercharger-Siegeszug: Nach Ford, GM, Rivian und Volvo setzt auch VW auf Teslas Ladenetz

Bis 2030 will das Auto-Lade-Konsortium das „führende Netzwerk zuverlässiger Schnellladestationen“ in Nordamerika hochziehen. Die Betonung dürfte dabei auf „zuverlässig“ liegen. Denn die öffentliche Ladeinfrastruktur in Nordamerika gilt als rückständig.

Laut einer Studie der Marktanalysefirma J.D. Power scheitert jeder fünfte Ladeversuch, meistens aufgrund von Systemstörungen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen im vergangenen Jahr Forscher der Berkeley-Universität in Kalifornien, die alle Ladestationen in der San Francisco Bay Area getestet haben. Ein Viertel der 657 Ladestationen versagte – mal lag es am Ladekabel, mal am Bezahlsystem, mal war der Bildschirm der Ladesäule defekt.

Verkäufe reiner Elektroautos haben sich in den USA verdreifacht

Das wird allmählich zum Problem. Denn infolge großzügiger Steuergutschriften entwickeln sich etwa die USA aktuell zu einem Hotspot für batterieelektrische Fahrzeuge. Allein in den vergangenen beiden Jahren haben sich die Verkäufe reiner Stromer in den Vereinigten Staaten mehr als verdreifacht – auf rund 816.000 Einheiten. Und der Boom geht weiter.

Bis Ende des Jahrzehnts dürften etwa die Hälfte der US-Neuwagen reine Stromer sein. Der Bestand an Elektroautos könnte bis dahin auf 30 bis 40 Millionen Fahrzeuge wachsen. Um ausreichend Strom für so eine große Flotte bereitstellen zu können, muss laut dem US-Energieministerium das öffentliche Schnellladenetz von zuletzt 32.000 auf 182.000 Schnellladesäulen erweitert werden.

Diese absehbare Ladelücke wollen die sieben Autobauer jetzt teilweise schließen. BMW-Chef Oliver Zipse erklärt: „Nordamerika ist einer der weltweit wichtigsten Automobilmärkte – mit dem Potenzial, eine führende Rolle in der Elektromobilität einzunehmen.“ Mercedes-Chef Ola Källenius sagt: „Mit diesem Netzwerk gehen wir einen weiteren Schritt.“

Tatsächlich baut Mercedes parallel sogar ein eigenes Ladenetz in den USA zusammen mit Chargepoint auf. Angedacht sind 2500 High-Power-Charger. Die Schwaben wollen allein dafür 500 Millionen Euro investieren.

Mehr: „Riesiges Potenzial für deutsche Hersteller“ – USA werden zum Hotspot für Elektroautos

source site-13