„Für diese Rede habe ich dreieinhalb Flaschen Wein gebraucht“

Der erste Kanzler und der erste Bundespräsident: Konrad Adenauer (links) und Theodor Heuss


(Foto: imago images/ZUMA/Keystone)

Düsseldorf Die bislang zwölf deutschen Bundespräsidenten haben in ihren Amtszeiten für zahlreiche denkwürdige Sprüche, Zitate und Bonmots gesorgt. Eine Auswahl der bemerkenswertesten Sätze.

Theodor Heuss (1949-1959)

Der erste deutsche Bundespräsident hatte zu fast jedem Thema einen Spruch auf Lager, wie eine Sammlung des Theodor-Heuss-Hauses in Stuttgart zeigt.

  • Offenbar unzufrieden mit der Beleuchtung vor dem damaligen Bundespräsidenten-Amtssitz auf der Viktorshöhe in Bad Godesberg sagte Heuss: „Macht doch diese saudummen Scheinwerfer aus! Ich habe am Grundgesetz mitgearbeitet und weiß, dass man auch als Bundespräsident ein Recht darauf hat, in Dunkelheit zu schlafen!“
Theodor Heuss wurde 1949 zum ersten deutschen Bundespräsidenten gewählt.


(Foto: imago/ZUMA/Keystone)

  • Zur damals noch üblichen Anrede „Fräulein“ für unverheiratete Frauen sagte der Bundespräsident: „Eigentlich müsste man anregen, dass alle unverheirateten Männer fortgeschrittenen Alters mit ‚Herrlein‘ angeredet werden. Da wären dann die unverheirateten Frauen, die aus sich und ihrem Leben etwas gemacht haben, bald die Anrede ‚Fräulein‘ los!“
  • Auf die Frage, wie lange er für eine Rede über abstrakte Kunst gebraucht habe, sagte Heuss: „Im Allgemeinen brauche ich für eine Rede eine Flasche Wein lang. Für diese Rede habe ich dreieinhalb Flaschen Wein lang gebraucht.“
  • Angesprochen auf den Umgang mit Unhöflichkeit, erklärte Heuss seine Herangehensweise so: „Wissen Sie, ich bin nur partiell höflich, und ich reguliere Taktlosigkeiten nach eigenem Ermessen.“
  • Zur Bürokratie in der Politik hatte Theodor Heuss eine klare Meinung: „Eine gute Tat, ein gesunder Gedanke, eine notwendige Entscheidung können an zu viel[en] Sitzungen krank werden und sterben.“

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Heinrich Lübke (1959-1969)

Der CDU-Politiker war vor allem für sein gewöhnungsbedürftiges Englisch bekannt, das auf Staatsempfängen regelmäßig für Heiterkeit sorgte.

Bundespräsident Heinrich Lübke und Königin Elisabeth II.

Königin Elizabeth II. überreichte am 18. 05.1965 in der Villa Hammerschmidt in Bonn dem Bundespräsident Heinrich Lübke den Bath-Orden. Rechts Wilhelmine Lübke. Die britische Monarchin hält sich vom 18. bis 28. Mai 1965 zu ihrem ersten Staatsbesuch in Deutschland auf. [ Rechtehinweis: picture alliance ]


(Foto: picture alliance/dpa)

  • „Equal goes it loose“, soll Lübke zur englischen Königin Elisabeth II. gesagt haben, als diese zum ersten Mal als Regentin nach Deutschland reiste und auf den Beginn des Zapfenstreiches vor Schloss Augustusburg in Brühl wartete – er wollte ihr wohl mitteilen, dass es gleich losgehe. Ein Beleg für dieses Zitat findet sich allerdings bis heute nicht.
  • „Wenn ich heute hier in …“, stockte Lübke bei einer Rede in Helmstedt, die er direkt vor einem gut beschilderten Bahnhofsgebäude hielt. Die Zuschauer riefen ihm „Helmstedt“ zu, sodass Lübke seine Rede im Anschluss fortsetzen konnte, ohne nach seinem Aufenthaltsort zu fragen.
  • Lübke war bekannt dafür, hier und da vom Redemanuskript abzuweichen. „Es ist sehr schwierig, jedes Mal eine neue Rede zu erfinden“, sagte er deshalb einmal.
  • Nachdem die deutsche Fußballnationalmannschaft das WM-Endspiel 1966 mit dem legendären „Wembley-Tor“ verloren hatte, sagte Lübke den Spielern: „Jeder hat gesehen, dass der Ball im Netz gezappelt hat.“ Genau das hatte allerdings niemand gesehen.
Heinrich Lübke (links) bei der Amtsübergabe an seinen Nachfolger Gustav Heinemann (rechts)


(Foto: imago/ZUMA/Keystone)

Gustav Heinemann (1969-1974)

Heinemann war der erste Bundespräsident aus den Reihen der SPD. Auch von ihm sind einige Aussprüche überliefert.

Gustav Heinemann war der erste Bundespräsident der SPD.


(Foto: picture-alliance / Heinrich Sand)

  • Auf die Frage, ob er denn den Staat nicht liebe, entgegnete Heinemann: „Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau, fertig!“
  • Heinemann war offenbar Tierfreund, denn ihm wird auch dieser Satz zugeschrieben: „Ich finde es richtig, dass man zu Beginn einer Jagd die Hasen und Fasane durch Hörnersignale warnt.”
  • „Es gibt schwierige Vaterländer. Eines davon ist Deutschland. Aber es ist unser Vaterland.“ Mit diesen Sätzen beendete Heinemann seine Antrittsrede nach der Wahl durch die Bundesversammlung im Jahr 1969.

Walter Scheel (1974-1979)

Gustav Heinemann (rechts) übergibt das Amt an Walter Scheel (links)


(Foto: picture-alliance / dpa)

Der zweite Bundespräsident mit FDP-Parteibuch nach Heuss kam 1974 ins Amt und ist vor allem für ein Zitat bekannt:

  • „Aber das macht nicht den verantwortungsbewussten Politiker aus, Meinungsforschung zu treiben, um zu wissen, was populär ist, was ankommt, und dann das Populäre zu vertreten. Die Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen.“
  • Scheel sprach schon lange vor der bekannten Weizsäcker-Rede zum Ende des Zweiten Weltkriegs von „Befreiung“: „Wir wurden von einem furchtbaren Joch befreit, von Krieg, Knechtschaft und Barbarei. Und atmeten auf, als das Ende kam.“
Bundespräsident Scheel (links) bei der Fußball-WM neben Franz Beckenbauer (Mitte) und Sepp Maier (rechts)


(Foto: picture-alliance / dpa)

Karl Carstens (1979-1984)

Bundespräsident Karl Carstens (rechts) und der damalige US-Vizepräsident George Bush


(Foto: picture-alliance / Roland Witsch)

Als fünfter Bundespräsident setzte sich Carstens unter anderem mit der Friedensbewegung auseinander, die er ablehnte.

  • „Ein Wehrpflichtiger leistet mehr für den Frieden als die Friedensbewegung“, sagte Carstens und bekräftigte diese Äußerung auch nach seiner Amtszeit mehrmals.
  • Auch zu Beamten hatte Carstens eine klare Meinung: „Kein Beamter hat das Recht, den Mitbürger als lästigen Bittsteller zu behandeln.“
  • In einer Weihnachtsansprache fasste Carstens seine Sicht auf den Zustand der Welt zusammen: „Diese Welt ist nicht heil, aber sie ist auch nicht heillos!“
Die niederländische Königin Beatrix (Mitte) neben Karl Carstens


(Foto: imago/Sommer)

Richard von Weizsäcker (1984-1994)

Von Weizsäcker war der sechste Bundespräsident und gleichzeitig der bisher letzte, der volle zwei Amtszeiten absolvierte.

Bundespräsident Richard von Weizsäcker wird vereidigt


(Foto: picture-alliance / dpa)

  • Bekannt wurde vor allem seine Rede am 40. Jahrestag des Weltkriegsendes. „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung“, sagte er und schloss an: „Die Jungen sind nicht verantwortlich für das, was damals geschah. Aber sie sind verantwortlich für das, was in der Geschichte daraus wird.“
  • Zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten sagte von Weizsäcker: „Sich zu vereinen heißt teilen lernen.“
  • Bei seiner Antrittsrede im Bundestag redete von Weizsäcker der Politik ins Gewissen: „Es ist fatal, wenn beim Bürger der Eindruck entsteht, auf ihn käme es gar nicht an, denn ‚die da oben‘ machten ja doch, was sie wollten. In Wirklichkeit wissen doch wir Politiker oft selbst noch keine Lösung und sind dringend auf Mitberatung angewiesen.“
  • „Wir haben eine gute Verfassung – aber sind wir auch in einer guten Verfassung?“, fragte von Weizsäcker zum 40. Jahrestag der Verabschiedung des Grundgesetzes.
Richard von Weizsäcker mit Bürgerinnen in der Bonner Innenstadt


(Foto: imago/Rainer Unkel)

Roman Herzog (1994-1999)

Markige Worte waren bei Roman Herzog an der Tagesordnung.

  • Bekannt wurde vor allem seine als „Ruck-Rede“ bekannte Ansprache, die er 1997 nach einer Asien-Reise hielt und mit der er Deutschland vor einem Zurückfallen in der weltweiten Entwicklung warnte: „Durch Deutschland muss ein Ruck gehen. […] Alle sind angesprochen, alle müssen Opfer bringen, alles müssen mitmachen.“
  • „Die ganze Gesellschaft leidet bei uns an eingeschlafenen Füßen, die allerdings bis ans Hirn führen“, fügte Herzog in seiner Rede noch hinzu.
  • Veränderungen erkannte Herzog keine: „Das Volk bewegt sich nicht.“
  • Auch Politiker und Wissenschaftler bekamen Kritik vom Bundespräsidenten Herzog: „90 Prozent tragen Bedenken, zehn Prozent Verantwortung.“
Bundespräsident Roman Herzog (Mitte) neben der Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth bei einem Besuch in Duderstadt


(Foto: imago images / Olaf Jentzsch)

  • Zum Amt des Bundespräsidenten und zu den damit verbundenen Erfahrungen äußerte Herzog sich so: „Immer freuen sich alle, wenn man kommt. Das ist das Schöne am Amt des Bundespräsidenten: Man muss nie jemandem wehtun.“
  • Danach gefragt, ob er sich eine zweite Amtszeit vorstellen könne, wiegelte Herzog ab – und kritisierte gleichzeitig seine Vorgänger: „Es müssen nicht alle die gleichen Dummheiten machen.“

Johannes Rau (1999-2004)

Der frühere Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen war erst der zweite Bundespräsident der SPD und fasste sein Amtsverständnis so zusammen: „Ein Bundespräsident kann keine Schleiflackfigur sein, der nie Anstößiges sagt und nie anstößig wirkt.“

Frankreichs Präsident Jacques Chirac (links) und Bundespräsident Johannes Rau in Berlin


(Foto: imago images / Thomas Lebie)

  • Zur Frage nach deutschem Nationalstolz hatte Rau eine klare Haltung: „Man kann nicht stolz sein auf etwas, was man selber gar nicht zustande gebracht hat, sondern man kann froh sein oder dankbar dafür, dass man Deutscher ist. Aber stolz kann man darauf nicht sein […]. Stolz ist man auf das, was man selber zu Wege gebracht hat.“
  • Rau wurde einmal gefragt, wie er es fände, wenn man ein Fußballstadion nach einer Frau benennen würde. „Wie soll das denn heißen? Dem-Ernst-Kuzzora-seine-Frau-ihr-Stadion?“

Horst Köhler (2004-2010)

Bundespräsident Horst Köhler (Mitte) wird im Bundestag vereidigt


(Foto: imago/Rainer Unkel)

Köhler trat als erster Bundespräsident von seinem Amt zurück, nachdem Äußerungen von ihm zum Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan kritisiert worden waren.

  • Als während der Fußball-WM 2006 in Deutschland an vielen Orten Flaggen zu sehen waren, sagte Köhler: „Ich finde es gut, dass ich nicht mehr der Einzige bin mit einer Flagge am Auto.“
  • Zur Frage, ob Schiller und Goethe heute noch in der Schule gelehrt werden sollten, riet er: „So ganz ohne Kenntnis der Klassiker sollte man doch nicht sein Abitur machen.“
Horst Köhler empfängt Papst Benedikt in München


(Foto: imago/Action Pictures)

Christian Wulff (2010-2012)

Mit nur zwei Jahren Amtszeit war bislang niemand kürzer Bundespräsident als Christian Wulff. Er trat zurück, nachdem bekannt geworden war, dass er sich regelmäßig von Geschäftsleuten auf Reisen hatte einladen lassen.

Christian Wulff im Schloss Bellevue


(Foto: imago stock&people)

  • „Wer sich mit dem Zeitgeist verheiratet, der wird ganz schnell Witwer“, sagte Wulff in einem Interview.
  • Der Fußballfan Wulff hoffte nach der WM 2010 darauf, die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 noch im Amt zu erleben: „Irgendwann will man auch mal einen WM-Pokal überreichen. Und das würde 2014 ja noch in meine Amtszeit fallen.“ Tat es nicht, die Aufgabe übernahm dann sein Nachfolger.

Joachim Gauck (2012-2017)

Königin Margrethe II. von Dänemark und Bundespräsident Joachim Gauck


(Foto: imago images/STAR-MEDIA)

Gauck war während seiner Amtszeit für klare Worte bekannt.

  • Nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten sagte er: „Liebe Leute, ihr wisst es doch genau: Ihr habt keinen Heilsbringer oder keinen Heiligen oder keinen Engel, ihr habt einen Menschen aus der Mitte der Bevölkerung als Bundespräsidenten.“
  • An Rechtsextremisten gewandt fügte er hinzu: „Euer Hass ist unser Ansporn.“
  • Als 2015 eine große Zahl Flüchtlinge in Richtung Europa auf dem Weg war, sagte Gauck: „Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Doch unsere Möglichkeiten sind endlich.“
  • Im Bundestag sagte Gauck während einer Rede zum Stand der Einheit: „Nach der Einheit waren wir wieder Lehrlinge. Viele fühlten sich fremd im eigenen Land. […] Sie hatten vom Paradies geträumt und wachten in Nordrhein-Westfalen auf.“

Frank-Walter Steinmeier (seit 2017)

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue

Die Gegenkandidaten des amtierenden Bundespräsidenten sind chancenlos.

(Foto: dpa)

Als dritter SPD-Bundespräsident dürfte Steinmeier zum ersten Mal seit Horst Köhler wieder eine zweite Amtszeit antreten. Mit diesen Sätzen hat er bisher für Aufmerksamkeit gesorgt:

  • „Der Spaziergang hat seine Unschuld verloren“, sagte Steinmeier mit Blick auf die Querdenker-Bewegung und ihre „Corona-Spaziergänge“.
  • „Wir sind nicht Pandemieweltmeister, wir sind auch nicht Totalversager, sondern wir sind die Bundesrepublik Deutschland.”

Mehr: Warum das Amt des Bundespräsidenten ohne Reformen überflüssig werden könnte.

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